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BEZEICHNUNG

       systemd-measure - Erwartete TPM2-PCR-Werte für gestartete vereinigte Kernelabbilder
       vorberechnen und signieren

ÜBERSICHT

       /lib/systemd/systemd-measure [OPTIONEN…]

BESCHREIBUNG

       Hinweis: Dieser Befehl ist derzeit experimentell. Obwohl er wahrscheinlich eine reguläre
       Komponente von Systemd wird, könnte er sich im Verhalten und der Schnittstelle noch
       verändern.

       systemd-measure ist ein Werkzeug, das zum Vorabberechnen und Signieren der erwarteten
       TPM2-PCR-11-Werte verwandt werden kann, der beobachtet werden kann, wenn ein vereinigtes
       Linux-Kernel-Abbild, das auf systemd-stub(7) basiert, gestartet wird. Es akzeptiert Pfade
       zu der ELF-Kernelabbilddatei, der Initrd-Abbilddatei, der Devicetree-Datei, der
       Kernelbefehlszeile, der os-release(5)-Datei, der Systemstart-Bild-Datei und der Datei mit
       dem öffentlichen TPM2-PCR-PEM-Schlüssel, die zusammen das vereinigte Kernelabbild
       darstellen, und bestimmt die PCR-Werte, die nach dem Systemstart des Abbildes erwartet
       werden. Die Berechnung beginnt mit dem mit Null initialisierten PCR 11 und wird kompatibel
       zur Vorgehensweise von Systemd-stub beim Systemstart durchgeführt. Das Ergebnis kann
       optional kryptographisch signiert werden, um TPM2-Richtlinien zu erlauben, die nur
       entsperrt werden können, falls eine bestimmte Gruppe von Kerneln gestartet wird, für die
       eine solche PCR-Signatur bereitgestellt werden kann.

BEFEHLE

       Die folgenden Befehle werden verstanden:

       status
           Dies ist der Vorgabebefehl, falls keiner angegeben ist. Er fragt die TPM2 PCR-Werte
           11+12+13 des Systems ab und zeigt sie an. Die Daten werden in einem ähnlichen Format
           wie beim nachfolgenden Befehl calculate geschrieben und können dazu verwandt werden,
           schnell die Erwartungen mit der Realität abzugleichen.

       calculate
           Berechnet die erwarteten Werte, die in PCR-Register 11 nach dem Hochfahren des
           vereinigten Kernelabbildes, das aus den mit --linux=, --osrel=, --cmdline=, --initrd=,
           --splash=, --dtb=, --pcrpkey= angegeben Komponenten bestehen wird (siehe nachfolgend),
           gesehen werden. Nur --linux= ist verpflichtend. (Geben Sie alternativ --current an, um
           die aktuellen Werte aus PCR-Register 11 zu verwenden.)

       sign
           Wie bei dem Befehl calculate wird der erwartete Wert, der nach dem Starten eines
           vereinigten Kernelabbildes in TPM2-PCR-Register 11 gesehene Wert, vorberechnet. Dann
           wird der entstandene Wert kryptographisch mit dem asymetrischen Schlüsselpaar (RSA),
           das über --private-key= und --public-key= konfiguriert ist, signiert. Dies schreibt
           ein JSON-Objekt in die Standardausgabe, das die Signaturen für alle angegebenen
           PCR-Bänke enthält (siehe nachfolgend --pcr-bank=). Dies kann zum Entsperren
           verschlüsselter Zugangsberechtigungen (siehe systemd-creds(1)) oder LUKS-Datenträger
           (siehe systemd-cryptsetup@.service(8)) verwandt werden. Dies ermöglicht das Binden von
           Geheimnissen an eine Gruppe von Kerneln, für die solche PCR-11-Signaturen
           bereitgestellt werden können.

           Beachten Sie, dass ein TPM2-Gerät verfügbar sein muss, damit das Signieren stattfinden
           kann, obwohl das Ergebnis nicht mit einem TPM2-Gerät oder seinen Zustand verknüpft
           ist.

OPTIONEN

       Die folgenden Optionen werden verstanden:

       --linux=PFAD, --osrel=PFAD, --cmdline=PFAD, --initrd=PFAD, --splash=PFAD, --dtb=PFAD,
       --pcrpkey=PFAD
           Wird das mit dem Unterbefehl calculate oder sign verwandt, konfiguriert es die
           Dateien, aus der die Komponenten des vereinigten Kernelabbildes gelesen werden. Jede
           Option entspricht dem gleich benannten Abschnitt in der PE-Datei des vereinigten
           Kernels. Der Schalter --linux= erwartet den Pfad zu der ELF-Kerneldatei, die der
           vereinigte PE-Kernel umschließen wird. Alle Schalter außer --linux= sind optional.
           Jede Option darf höchstens einmal verwandt werden.

       --current
           Wird das mit dem Unterbefehl calculate oder sign verwandt, akzeptiert es die derzeit
           im System wirksamen PCR-11-Werte (die typischerweise die Hashes des aktuell
           gestarteten Kernels widerspiegeln sollten). Dies kann anstelle von --linux= und den
           anderen, oben aufgeführten Schaltern verwandt werden.

       --bank=HASH
           Steuert die PCR-Bänke, für die PCR-Werte vorabberechnet werden sollen – im Falle des
           Aufrufs von calculate oder sign – oder die Bänke, die in der Ausgabe status angezeigt
           werden sollen. Kann mehrfach verwandt werden, um mehrere Bänke anzugeben. Falls nicht
           angegeben, ist die Vorgabe die vier Bänke »sha1«, »sha256«, »sha384«, »sha512«.

       --private-key=PFAD, --public-key=PFAD
           Diese Schalter akzeptieren Pfade auf PEM-kodierte RSA-Schlüsseldateien, zur Verwendung
           mit dem Befehl sign.

           Beachten Sie die Unterschiede zwischen den Schaltern --pcrpkey= und --public-key=.
           Ersterer wählt die Daten, die im PE-Abschnitt ».pcrpkey« des vereinigten
           Kernelabbildes aufgenommen werden sollen, während letzterer den öffentlichen Schlüssel
           des Schlüsselpaars aufnimmt, der zum Signieren des entstehenden PCR-11-Wertes verwandt
           wird. Ersterer ist der Schlüssel, den das gestartete System wahrscheinlich zum Sperren
           der Verschlüsselung von Platten und Zugangsberechtigungen verwenden wird, während
           letzterer der Schlüssel ist, der zum erneuten Entsperren solcher Ressourcen verwandt
           wird. Daher sollte typischerweise in beiden Fällen der gleiche PEM-Schlüssel
           bereitgestellt werden.

           Falls der --public-key= nicht, aber --private-key= angegeben ist, wird der öffentliche
           Schlüssel automatisch vom privaten Schlüssel abgeleitet.

       --tpm2-device=PFAD
           Steuert das zu verwendende TPM2-Gerät. Erwartet einen Geräteknotenpfad, der sich auf
           einen TPM2-Chip bezieht (z.B. /dev/tpmrm0). Alternativ kann der besondere Wert »auto«
           angegeben werden, um den Geräteknoten eines geeigneten TPM2-Gerätes (von dem es genau
           einen geben darf) automatisch zu bestimmen. Der besondere Wert »list« kann verwandt
           werden, um alle geeigneten, derzeit ermittelten TPM2-Geräte aufzuzählen.

       --phase=PHASE
           Steuert, für welche Systemstartphasen der erwartete PCR-11-Wert berechnet werden soll.
           Dies akzeptiert eine Reihe von Zeichenketten, getrennt durch Doppelpunkte, die die
           »Pfade« zum Eintritt einer bestimmten Phase des Systemstartprozesses kodieren. Jede
           der angegebenen Zeichenketten wird durch systemd-pcrphase-initrd.service und
           systemd-pcrphase.service(8) in PCR 11 während verschiedener Meilensteine des
           Systemstartprozesses gemessen. Dieser Schalter kann mehrfach angegeben werden, um die
           PCR-Werte für mehrere Systemstartphasen auf einmal zu berechnen. Falls nicht verwandt
           ist die Vorgabe »enter-initrd«, »enter-initrd:leave-initrd«,
           »enter-initrd:leave-initrd:sysinit«, »enter-initrd:leave-initrd:sysinit:ready«, d.h.
           es werden die erwarteten PCR-Werte für die Systemstartphase in die Initrd, während des
           frühen Systemstarts, während des späten Systemstarts und während der Systemlaufzeit
           berechnet, aber die Phasen vor der Initrd oder beim Herunterfahren ausgeschlossen.
           Diese Einstellung wird von calculate und sign berücksichtigt. Bei der Verwendung mit
           letzterem ist sie besonders zur Erstellung von PCR-Signaturen nützlich, die nur zum
           Entsperren von Ressourcen während bestimmter Teile des Systemstartprozesses verwandt
           werden können.

           Weitere Details zu PCR-Systemstartphasen finde Sie in systemd-pcrphase.service(8).

       --json=MODUS
           Zeigt die Ausgabe als JSON formatiert. Erwartet entweder »short« (für die kürzest
           mögliche Ausgabe ohne unnötigen Leerraum oder Zeilenumbrüche), »pretty« (für eine
           schönere Version der gleichen Ausgabe, mit Einzügen und Zeilenumbrüchen) oder »off«
           (um die standardmäßig aktivierte JSON-Ausgabe auszuschalten).

       --no-pager
           Leitet die Ausgabe nicht an ein Textanzeigeprogramm weiter.

       -h, --help
           Zeigt einen kurzen Hilfetext an und beendet das Programm.

       --version
           Zeigt eine kurze Versionszeichenkette an und beendet das Programm.

BEISPIELE

       Beispiel 1. Ein vereinigtes Kernelabbild erstellen und den erwarteten TPM-PCR-11-Wert
       berechnen

           # objcopy \
               --add-section .linux=vmlinux --change-section-vma .linux=0x2000000 \
               --add-section .osrel=os-release.txt --change-section-vma .osrel=0x20000 \
               --add-section .cmdline=cmdline.txt --change-section-vma .cmdline=0x30000 \
               --add-section .initrd=initrd.cpio --change-section-vma .initrd=0x3000000 \
               --add-section .splash=splash.bmp --change-section-vma .splash=0x100000 \
               --add-section .dtb=devicetree.dtb --change-section-vma .dtb=0x40000 \
               /usr/lib/systemd/boot/efi/linuxx64.efi.stub \
               foo.efi
           # systemd-measure calculate \
                --linux=vmlinux \
                --osrel=os-release.txt \
                --cmdline=cmdline.txt \
                --initrd=initrd.cpio \
                --splash=splash.bmp \
                --dtb=devicetree.dtb
           11:sha1=d775a7b4482450ac77e03ee19bda90bd792d6ec7
           11:sha256=bc6170f9ce28eb051ab465cd62be8cf63985276766cf9faf527ffefb66f45651
           11:sha384=1cf67dff4757e61e5a73d2a21a6694d668629bbc3761747d493f7f49ad720be02fd07263e1f93061243aec599d1ee4b4
           11:sha512=8e79acd3ddbbc8282e98091849c3530f996303c8ac8e87a3b2378b71c8b3a6e86d5c4f41ecea9e1517090c3e8ec0c714821032038f525f744960bcd082d937da

       Beispiel 2. Ein asymetrisches Schlüsselpaar und ein vereinigtes Kernelabbild und eine
       TPM-PCR-11-Signatur dafür erstellen und die Signatur und den öffentlichen Schlüssel in das
       Abbild einbetten

           # openssl genpkey -algorithm RSA -pkeyopt rsa_keygen_bits:2048 -out tpm2-pcr-private.pem
           # openssl rsa -pubout -in tpm2-pcr-private.pem -out tpm2-pcr-public.pem
           # systemd-measure sign \
                --linux=vmlinux \
                --osrel=os-release.txt \
                --cmdline=cmdline.txt \
                --initrd=initrd.cpio \
                --splash=splash.bmp \
                --dtb=devicetree.dtb \
                --pcrpkey=tpm2-pcr-public.pem \
                --bank=sha1 \
                --bank=sha256 \
                --private-key=tpm2-pcr-private.pem \
                --public-key=tpm2-pcr-public.pem > tpm2-pcr-signature.json
           # objcopy \
               --add-section .linux=vmlinux --change-section-vma .linux=0x2000000 \
               --add-section .osrel=os-release.txt --change-section-vma .osrel=0x20000 \
               --add-section .cmdline=cmdline.txt --change-section-vma .cmdline=0x30000 \
               --add-section .initrd=initrd.cpio --change-section-vma .initrd=0x3000000 \
               --add-section .splash=splash.bmp --change-section-vma .splash=0x100000 \
               --add-section .dtb=devicetree.dtb --change-section-vma .dtb=0x40000 \
               --add-section .pcrsig=tpm2-pcr-signature.json --change-section-vma .splash=0x80000 \
               --add-section .pcrpkey=tpm2-pcr-public.pem --change-section-vma .splash=0x90000 \
               /usr/lib/systemd/boot/efi/linuxx64.efi.stub \
               foo.efi

       Später registrieren Sie die signierte PCR-Richtlinie bei einem LUKS-Datenträger:

           # systemd-cryptenroll --tpm2-device=auto --tpm2-public-key=tpm2-pcr-public.pem --tpm2-signature=tpm2-pcr-signature.json /dev/sda5

       Und dann entsperren Sie das Gerät mit der Signatur:

           # /lib/systemd/systemd-cryptsetup attach meindatenträger /dev/sda5 - tpm2-device=auto,tpm2-signature=/Pfad/zur/tpm2-pcr-Signatur.json

       Beachten Sie, dass nach dem Systemstart des vereinigten Kernelabbildes foo.efi die
       Signatur und der öffentliche Schlüssel an Orten abgelegt werden, unter denen
       systemd-cryptenroll und systemd-cryptsetup danach sucht und daher diese Pfade tatsächlich
       nicht angegeben werden müssen.

EXIT-STATUS

       Bei Erfolg wird 0 zurückgegeben, anderenfalls ein Fehlercode ungleich Null.

SIEHE AUCH

       systemd(1), systemd-stub(7), objcopy(1), systemd-creds(1), systemd-cryptsetup@.service(8),
       systemd-pcrphase.service(1)

ÜBERSETZUNG

       Die deutsche Übersetzung dieser Handbuchseite wurde von Helge Kreutzmann
       <debian@helgefjell.de> erstellt.

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