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BEZEICHNUNG

       shmat, shmdt - System-V-Operationen mit gemeinsam benutztem Speicher

BIBLIOTHEK

       Standard-C-Bibliothek (libc, -lc)

ÜBERSICHT

       #include <sys/shm.h>

       void *shmat(int shmid, const void *_Nullable shmaddr, int shmflg);
       int shmdt(const void *shmaddr);

BESCHREIBUNG

   shmat()
       shmat()  blendet  das  durch  shmid bezeichnete gemeinsame System-V-Speichersegment in den Adressraum des
       aufrufenden Prozesses ein. Die Adresse der Einblendung  wird  durch  shmaddr  nach  einem  der  folgenden
       Kriterien bestimmt:

       •  Falls  shmaddr NULL ist, wählt das System eine geeignete (freie), an einer Speicherseite ausgerichtete
          Adresse, um das Segment einzublenden.

       •  Wenn shmaddr nicht NULL ist und SHM_RND in shmflg angegeben wurde, wird die  Adresse  durch  Abrundung
          von shmaddr bis auf ein Vielfaches von SHMLBA bestimmt.

       •  Andernfalls  muss  shmaddr  eine  an  einer  Speicherseite  ausgerichtete Adresse sein, an welcher das
          Einblenden beginnt.

       Zusätzlich zu SHM_RND dürfen die folgenden Schalter im Bitmask-Argument von shmflg angegeben werden:

       SHM_EXEC (Linux-spezifisch; seit Linux 2.6.9)
              ermöglicht, dass der Inhalt des Segments ausgeführt wird. Der  Aufrufende  muss  auf  dem  Segment
              Ausführungsrechte besitzen.

       SHM_RDONLY
              blendet  das  Segment  mit Lesezugriff ein. Der Prozess muss die Berechtigung für Lesezugriffe auf
              das Segment besitzen. Falls dieser Schalter nicht angegeben ist, wird das Segment  mit  Lese-  und
              Schreibzugriff  eingeblendet  und  der Prozess muss die Berechtigung für Lese- und Schreibzugriffe
              auf das Segment besitzen. Ein gemeinsames Speichersegment  mit  reinem  Schreibzugriff  ist  nicht
              vorgesehen.

       SHM_REMAP (Linux-spezifisch)
              Dieser Schalter gibt an, dass das Abbilden des Segments jedes existierende Abbilden im Bereich von
              shmaddr bis zur Größe des  Segments  ersetzen  soll.  (Falls  bereits  eine  Abbildung  in  diesem
              Adressbereich  existiert,  würde  dies  normalerweise zu dem Fehler EINVAL führen.) In diesem Fall
              darf shmaddr nicht NULL sein.

       Der brk(2)-Wert des aufrufenden Prozesses wird durch das Einblenden nicht verändert. Das Segment wird bei
       Beenden  des  Prozesses  automatisch  abgetrennt.  Das gleiche Segment kann mit Lese- sowie mit Lese- und
       Schreibzugriff einmal oder mehrfach in den Adressraum des Prozesses eingeblendet werden.

       Nach einem erfolgreichen shmat()-Aufruf aktualisiert das System die Bestandteile der dem  Speichersegment
       zugeordneten shmid_ds-Struktur (siehe shmctl(2)) wie folgt:

       •  shm_atime wird auf die aktuelle Zeit gesetzt.

       •  shm_lpid wird auf die Prozesskennung des aufrufenden Prozesses gesetzt.

       •  shm_nattch wird um Eins erhöht.

   shmdt()
       shmdt()  löst  das  gemeinsame  Speichersegment, das an der Adresse shmaddr liegt, aus dem Adressraum des
       aufrufenden  Prozesses.  Das  zu  entfernende  gemeinsame  Speichersegment  muss  momentan  mit   shmaddr
       eingeblendet sein, das dem Rückgabewert des einbendenden shat()-Aufrufs entspricht.

       Nach  einem erfolgreichen shmdt()-Aufruf aktualisiert das System die Bestandteile der dem Speichersegment
       zugeordneten Struktur shmid_ds wie folgt:

       •  shm_dtime wird auf die aktuelle Zeit gesetzt.

       •  shm_lpid wird auf die Prozesskennung des aufrufenden Prozesses gesetzt.

       •  shm_nattch wird um Eins verringert. Wenn es dabei zu 0 wird und das Segment zum Löschen markiert  ist,
          wird es gelöscht.

RÜCKGABEWERT

       Bei  Erfolg  gibt  shmat()  die Adresse des eingeblendeten gemeinsamen Speichersegments zurück; bei einem
       Fehler wird (void *) -1 zurückgegeben und errno gesetzt, um den Fehlers anzuzeigen.

       Bei Erfolg gibt shmdt() 0 zurück; bei einem Fehler wird  -1  zurückgegeben  und  errno  gesetzt,  um  den
       Fehlers anzuzeigen.

FEHLER

       shmat() kann mit einem der folgenden Fehler fehlschlagen:

       EACCES Dem  aufrufenden  Prozess fehlen die nötigen Zugriffsrechte für den angeforderten Einblendetyp und
              die CAP_IPC_OWNER-Capability in dem Benutzernamensraum, der seinen IPC-Namensraum beherrscht.

       EIDRM  shmid zeigt auf einen entfernten Bezeichner.

       EINVAL Ungültiger shmid-Wert, nicht ausgerichteter (d.h. nicht an die Seitengröße angepasst  und  SHM_RND
              wurde  nicht angegeben) oder ungültiger shmaddr-Wert oder es wurde SHM_REMAP angegeben und shmaddr
              war NULL.

       ENOMEM Es konnte kein Speicher für den Deskriptor oder die Seitentabellen reserviert werden.

       shmdt() kann mit einem der folgenden Fehler fehlschlagen:

       EINVAL Es ist kein gemeinsames Speichersegment in shmaddr eingeblendet oder  shmaddr  ist  nicht  an  der
              Seitengrenze ausgerichtet.

STANDARDS

       POSIX.1-2001, POSIX.1-2008, SVr4.

       In SVID 3 (oder vielleicht früher) wurde der Typ des Arguments shmaddr von char * in const void * und der
       von shmat() zurückgegebene Typ von char * in void * geändert.

ANMERKUNGEN

       Nach einem fork(2) erbt der Kindprozess das eingeblendete gemeinsame Speichersegment.

       Nach einem exec(2) sind alle eingeblendeten gemeinsamen Speichersegmente vom Prozess abgelöst.

       Bei einem exit(2) sind alle eingeblendeten gemeinsamen Speichersegmente vom Prozess abgelöst.

       Die bevorzugte, portierbare Möglichkeit, ein gemeinsames  Speichersegment  einzublenden,  besteht  darin,
       shmat()  mit  shmaddr  gleich  NULL  zu  benutzen.  Sie sollten wissen, dass das eingeblendete gemeinsame
       Speichersegment auf diese Art an unterschiedliche Adressen in  unterschiedlichen  Prozessen  eingeblendet
       werden  kann.  Deshalb  müssen  alle  innerhalb  des  gemeinsamen  Speichers  verwalteten  Zeiger relativ
       (typischerweise zur Startadresse des Segments) statt absolut sein.

       Unter Linux ist es möglich, sogar ein gemeinsames  Speichersegment  einzublenden,  wenn  es  bereits  zum
       Löschen  markiert  ist.  POSIX.1  spezifiziert dieses Verhalten jedoch nicht und andere Implementierungen
       unterstützen es nicht.

       Der folgende Systemparameter beeinflusst shmat():

       SHMLBA Untere Segmentgrenze des Adressvielfachen. Wenn in einem Aufruf von shmat() eine Adresse  explizit
              angegeben  wurde.  sollte  der  Aufrufende  sicherstellen,  dass die Adresse ein Vielfaches dieses
              Wertes  ist.  Dies  ist  auf  einigen  Architekturen  notwendig,  um  eine   gute   Leistung   des
              CPU-Zwischenspeichers   zu   gewährleisten   oder   um   sicherzustellen,   dass  unterschiedliche
              Einblendungen desselben Segments konsistente Ansichten innerhalb des CPU-Zwischenspeichers  haben.
              SHMLBA  ist  normalerweise  irgendein  Vielfaches  von  der  Seitengröße  des Systems. (Auf vielen
              Linux-Architekturen ist SHMLBA dasselbe wie die Seitengröße des Systems.)

       Die Implementierung hat keine inhärenten pro-Prozess-Einschränkungen bezüglich der maximalen  Anzahl  von
       gemeinsamen Speichersegmenten (SHMSEG).

BEISPIELE

       Die   zwei   nachfolgend   aufgeführten   Programme  tauschen  eine  Zeichenkette  über  ein  gemeinsames
       Speichersegment aus. Weitere Details  über  die  Programme  finden  Sie  nachfolgend.  Zuerst  wird  eine
       Shell-Sitzung gezeigt, die ihre Verwendung zeigt.

       In  einem Terminalfenster führen wir das »Lese«-Programm aus, das ein gemeinsam benutztes Speichersegment
       und eine Semaphoren-Gruppe gemäß System-V erstellt. Das Programm gibt die Kennung der erstellten  Objekte
       aus und wartet dann darauf, dass die Semaphore ihren Wert ändern.

           $ ./svshm_string_read
           shmid = 1114194; semid = 15

       In  einem  anderen  Terminal-Fenster  führen  wir  das  »Schreibe«-Programm  aus. Das »Schreibe«-Programm
       akzeptiert drei Befehlszeilenargumente:  die  Kennungen  des  vom  »Lese«-Programm  erstellten  gemeinsam
       benutzten  Speichersegments  und  die  erstellte  Semaphoren-Gruppe und eine Zeichenkette. Es blendet das
       bestehende gemeinsam benutzte Speichersegment ein, kopiert die Zeichenkette in  den  gemeinsam  benutzten
       Speicher und verändert den Wert der Semaphore.

           $ ./svshm_string_write 1114194 15 'Hallo, Welt'

       In  dem Terminal-Fenster, in dem das »Lese«-Programm läuft, können wir sehen, dass das Programm aufgehört
       hat, auf die Semaphore zu warten und die Zeichenkette ausgegeben hat, die vom  Schreibe-Programm  in  den
       gemeinsam benutzten Speicher kopiert wurde:

           Hallo Welt

   Quelle des Programms: svshm_string.h
       Die folgende Header-Datei wird von den »Lese«- und »Schreibe«-Programmen eingebunden:

           /* svshm_string.h

              Lizenziert unter der GNU General Public License v2 oder neuer.
           */
           #include <sys/types.h>
           #include <sys/ipc.h>
           #include <sys/shm.h>
           #include <sys/sem.h>
           #include <stdio.h>
           #include <stdlib.h>
           #include <string.h>

           #define errExit(Nachricht)    do { perror(Nachricht); exit(EXIT_FAILURE); \
                                   } while (0)

           union semun {                   /* Wird in Aufrufen von semctl() verwandt */
               int                 val;
               struct semid_ds *   buf;
               unsigned short *    array;
           #if defined(__linux__)
               struct seminfo *    __buf;
           #endif
           };

           #define MEM_SIZE 4096

   Quelle des Programms: svshm_string_read.c
       Das  »Lese«-Programm erstellt ein gemeinsam benutztes Speichersegment und eine Semaphore-Gruppe, die eine
       Semaphore enthält. Es blendet dann das gemeinsam benutzte Speicherobjekt in  seinen  Adressraum  ein  und
       initialisiert den Semaphoren-Wert auf 1. Schließlich wartet das Programm darauf, dass der Semaphoren-Wert
       0 wird und gibt danach die Zeichenkette  aus,  die  durch  den  »Schreiber«  in  das  gemeinsam  benutzte
       Speichersegment kopiert wurde.

           /* svshm_string_read.c

              Lizenziert unter der GNU General Public License v2 oder neuer.
           */
           #include <stdio.h>
           #include <stdlib.h>
           #include <sys/ipc.h>
           #include <sys/sem.h>
           #include <sys/shm.h>

           #include "svshm_string.h"

           int
           main(void)
           {
               int            semid, shmid;
               char           *addr;
               union semun    arg, dummy;
               struct sembuf  sop;

               /* Gemeinsam benutzten Speicher und eine Semaphoren-Gruppe, die eine
                  Semaphore enthält, erstellen. */

               shmid = shmget(IPC_PRIVATE, MEM_SIZE, IPC_CREAT | 0600);
               if (shmid == -1)
                   errExit("shmget");

               semid = semget(IPC_PRIVATE, 1, IPC_CREAT | 0600);
               if (semid == -1)
                   errExit("semget");

               /* Gemeinsamen Speicher in unseren Adressraum einblenden. */

               addr = shmat(shmid, NULL, SHM_RDONLY);
               if (addr == (void *) -1)
                   errExit("shmat");

               /* Semaphore 0 in der Gruppe mit dem Wert 1 initialisieren. */

               arg.val = 1;
               if (semctl(semid, 0, SETVAL, arg) == -1)
                   errExit("semctl");

               printf("shmid = %d; semid = %d\n", shmid, semid);

               /* Darauf warten, dass der Semaphore-Wert 0 wird. */

               sop.sem_num = 0;
               sop.sem_op = 0;
               sop.sem_flg = 0;

               if (semop(semid, &sop, 1) == -1)
                   errExit("semop");

               /* Die Zeichenkette aus dem gemeinsamen Speicher ausgeben. */

               printf("%s\n", addr);

               /* Den gemeinsam benutzten Speicher und die Semaphoren-Gruppe entfernen. */

               if (shmctl(shmid, IPC_RMID, NULL) == -1)
                   errExit("shmctl");
               if (semctl(semid, 0, IPC_RMID, dummy) == -1)
                   errExit("semctl");

               exit(EXIT_SUCCESS);
           }

   Quelle des Programms: svshm_string_write.c
       Das  Schreibe-Programm  akzeptiert  drei  Befehlszeilenargumente:  die  Kennungen des vom »Lese«-Programm
       bereits erstellten, gemeinsam benutzten Speichersegments und die Sempahoren-Gruppe und eine Zeichenkette.
       Es  blendet  das  bestehende  gemeinsam benutzte Speichersegment in seinen Adressraum ein, verringert den
       Semaphoren-Wert auf 0, um den »Leser« zu informieren, dass er jetzt den Inhalt  des  gemeinsam  benutzten
       Speichers untersuchen kann.

           /* svshm_string_write.c

              Lizenziert unter der GNU General Public License v2 oder neuer.
           */
           #include <stdio.h>
           #include <stdlib.h>
           #include <string.h>
           #include <sys/sem.h>
           #include <sys/shm.h>

           #include "svshm_string.h"

           int
           main(int argc, char *argv[])
           {
               int            semid, shmid;
               char           *addr;
               size_t         len;
               struct sembuf  sop;

               if (argc != 4) {
                   fprintf(stderr, "Aufruf: %s Shmid Semid Zeichenkette\n", argv[0]);
                   exit(EXIT_FAILURE);
               }

               len = strlen(argv[3]) + 1;  /* +1, um abschließende »\0« einzuschließen */
               if (len > MEM_SIZE) {
                   fprintf(stderr, "Zeichenkette ist zu groß!\n");
                   exit(EXIT_FAILURE);
               }

               /* Objektkennungen von der Befehlszeile erhalten. */

               shmid = atoi(argv[1]);
               semid = atoi(argv[2]);

               /* Gemeinsam benutzten Speicher in unseren Adressraum einblenden und Zeichenkette
                  (einschließlich abschließendem Nullbyte) in den Speicher kopieren */

               addr = shmat(shmid, NULL, 0);
               if (addr == (void *) -1)
                   errExit("shmat");

               memcpy(addr, argv[3], len);

               /* Semaphore auf 0 verringern. */

               sop.sem_num = 0;
               sop.sem_op = -1;
               sop.sem_flg = 0;

               if (semop(semid, &sop, 1) == -1)
                   errExit("semop");

               exit(EXIT_SUCCESS);
           }

SIEHE AUCH

       brk(2), mmap(2), shmctl(2), shmget(2), capabilities(7), shm_overview(7), sysvipc(7)

ÜBERSETZUNG

       Die  deutsche  Übersetzung  dieser  Handbuchseite wurde von Ralf Demmer <rdemmer@rdemmer.de>, Chris Leick
       <c.leick@vollbio.de> und Helge Kreutzmann <debian@helgefjell.de> erstellt.

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