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BEZEICHNUNG
bootup - Systemstartprozess
BESCHREIBUNG
Beim Systemstart eines Linux-Systems sind eine Reihe von verschiedenen Komponenten beteiligt. Direkt nach
dem Einschalten führt die Systemfirmware eine minimale Hardware-Initialisierung durch. Dann wird die
Steuerung an einen auf dem dauerhaften Speichergerät gespeicherten Bootloader (z.B.systemd-boot(7) oder
GRUB[1]) abgegeben. Dieser Bootloader wird dann einen Betriebssystemkernel von der Platte (oder dem
Netzwerk) aufrufen. Auf Systemen, die EFI oder andere Arten von Firmware verwenden, kann diese Firmware
auch den Kernel direkt laden.
Der Kernel hängt (optional) ein speicherinternes Dateisystem ein, das oft mittels dracut(8) erstellt
wurde und ein Wurzeldateisystem sucht. Heutzutage ist die Implementierung normalerweise ein Initramfs —
ein komprimiertes Archiv, das entpackt wird, wenn der Kernel in ein leichtgewichtiges, auf Tmpfs
basierendes, speicherinternes Dateisystem startet. In der Vergangenheit wurden dafür normale Dateisysteme
unter Verwendung eines speicherinternen Blockgerätes (Ramdisk) verwandt und der Name »Initrd« wird
weiterhin für die Beschreibung beider Konzepte verwandt. Der Bootloader oder die Firmware lädt sowohl den
Kernel als auch die Initrd/das Initramfs in den Speicher, aber der Kernel interpretiert es als
Dateisystem. systemd(1) kann zur Verwaltung von Diensten in der Initrd, ähnlich wie bei einem realen
System, verwandt werden.
Nachdem das Wurzeldateisystem gefunden wurde und eingehängt worden ist, übergibt die Initrd die Steuerung
an den Systemverwalter (wie systemd(1)) des eigentlichen Systems. Dieser ist im Wurzeldateisystem
gespeichert und ist für die Erkennung der verbleibenden Hardware, dem Einhängen aller notwendigen
Dateisysteme und dem Starten aller konfigurierten Dienste verantwortlich.
Beim Herunterfahren beendet der Systemverwalter alle Dienste, hängt alle Dateisysteme aus (trennt alle
hinterlegten Speichertechniken ab) und springt dann (optional) zurück in den Initrd-Code, der das
Wurzeldateisystem und den Speicher, auf dem es liegt, aushängt und abtrennt. Als letzten Schritt wird das
System ausgeschaltet.
Zusätzliche Informatioen über den Systemstartprozess können in boot(7) gefunden werden.
SYSTEMVERWALTERSTART
Beim Systemstart ist der Systemverwalter im Betriebssystem-Image für die Initialisierung der benötigten
Dateisysteme, Dienste und Treiber verantwortlich, die für den Betrieb des Systems notwendig sind. Auf
systemd(1)-Systemen ist dieser Vorgang in verschiedene diskrete Schritte aufgeteilt, die als Ziel-Units
offengelegt sind. (Siehe systemd.target(5) für detaillierte Informationen über Ziel-Units.) Der
Systemstartvorgang ist in hohem Maße parallelisiert, so dass die Reihenfolge, in der bestimmte Ziel-Units
erreicht werden, nicht deterministisch ist, aber dennoch in einem begrenzten Umfang einer
Ordnungsstruktur folgt.
Wenn Systemd das System hochfährt, wird es standardmäßig alle Units aktivieren, die Abhängigkeiten von
default.target sind (sowie rekursiv alle Abhängigkeiten dieser Abhängigkeiten). Normalerweise ist
default.target einfach ein Alias von graphical.target oder multi-user.target, abhängig davon, ob das
Ssytem für eine graphische Benutzerschnittstelle oder nur für eine Textkonsole konfiguriert ist. Um eine
minimale Ordnung zwischen den hereingezogenen Units zu erzwingen, sind eine Reihe von gut bekannten
Ziel-Units verfügbar, wie in systemd.special(7) aufgeführt.
Das nachfolgende Diagramm gibt einen strukturellen Überblick über diese gut bekannten Units und ihre
Position in der Systemstartlogik. Die Pfeile beschreiben, welche Units hereingezogen und vor welchen
anderen Units sortiert werden. Units im oberen Bereich werden vor Units im unteren Bereich des Diagramms
gestartet.
local-fs-pre.target
|
v
(verschiedene Einhänge- (verschiedene Swap- (verschiedene Cryptsetup-
und fsck-Dienste…) Geräte…) Geräte…) (verschiedene systemnahe (verschiedene systemnahe
| | | Dienste: Udevd,Tmpfiles API-VFS-Einhängungen:
v v v Zufallszahlenstartwerte, Mqueue, Configfs,
local-fs.target swap.target cryptsetup.target Sysctl, …) Debugfs, …)
| | | | |
\_________________________|_______________________ | _____________________|______________________/
\|/
v
sysinit.target
|
____________________________________/|\________________________________________
/ | | | \
| | | | |
v v | v v
(verschiedene (verschiedene | (verschiedene rescue.service
Zeitgeber…) Pfade…) | Sockets…) |
| | | | v
v v | v rescue.target
timers.target paths.target | sockets.target
| | | |
v \_________________ | ___________________/
\|/
v
basic.target
|
____________________________________/| emergency.service
/ | | |
| | | v
v v v emergency.target
display- (verschiedene (verschiedene
manager.service Systemdienste Systemdienste)
| benötigt für |
| graphische Oberflächen) v
| | multi-user.target
| | |
\_________________ | _________________/
\|/
v
graphical.target
Ziel-Units, die typischerweise als Systemstart-Ziele verwandt werden, sind hervorgehoben. Diese Units
sind eine gute Wahl für Ziele, beispielsweise, indem sie an die Befehlszeilenoption systemd.unit= des
Kernels übergeben werden (siehe systemd(1)) oder indem default.target auf sie verlinkt wird.
timers.target wird asynchron von basic.target hereingezogen. Dies ermöglicht es Zeitgeber-Units, von
Diensten, die erst später beim Systemstart verfügbar werden, abzuhängen.
HOCHFAHREN IN DIE ANFÄNGLICHE RAM-PLATTE (INITRD)
Die Implementierung der anfänglichen RAM-Platte (Initrd) kann auch mit Systemd eingerichtet werden. In
diesem Fall folgt der Systemstart innerhalb der Initrd der folgenden Struktur:
Systemd erkennt durch Überprüfung der Datei /etc/initrd-release, dass es innerhalb einer Initrd läuft.
Das Vorgabe-Ziel in der Initrd ist initrd.target. Der Systemstartprozess beginnt identisch zum
Systemverwalterstart (siehe oben), bis er basic.target erreicht. Von hier geht Systemd auf das besondere
Ziel initrd.target. Bevor irgendwelche Dateisysteme eingehängt werden, muss bestimmt werden, ob das
System aus dem Ruhezustand zurückkehrt oder ob mit dem normalen Systemstart fortgefahren werden soll.
Dies wird durch systemd-hibernate-resume@.service erreicht, der vor dem local-fs-pre.target fertig werden
muss, so das keine Dateisystem eingehängt werden können, bevor die Prüfung abgeschlossen ist. Wenn das
Wurzeldateisystem verfügbar wird, ist initd-root-device.target erreicht. Falls das Wurzelverzeichnis als
/sysroot eingehängt werden kann, wird die Unit sysroot.mount aktiv und initrd-root-fs.target ist
erreicht. Der Dienst initrd-parse-etc.service durchsucht /sysroot/etc/fstab nach einem möglichen
Einhängepunkt für /usr und zusätzlichen Einträgen, die mit der Option x-initrd.mount markiert sind. Alle
gefundenen Einträge werden unter /sysroot eingehängt und initrd-fs.target ist erreicht. Der Dienst
initrd-cleanup.service isoliert zu dem initrd-switch-root.target, in dem Aufräumdienste laufen können.
Als allerletzten Schritt wird initrd-switch-root.service aktiviert, das dazu führt, dass das System seine
Wurzel auf /sysroot umschaltet.
: (Anfang identisch zu oben)
:
v
basic.target
| emergency.service
______________________/| |
/ | v
| initrd-root-device.target emergency.target
| |
| v
| sysroot.mount
| |
| v
| initrd-root-fs.target
| |
| v
v initrd-parse-etc.service
(custom initrd |
services...) v
| (sysroot-usr.mount und
| verschiedene Einhängungen markiert
| mit Fstab-Option
| x-initrd.mount…)
| |
| v
| initrd-fs.target
\______________________ |
\|
v
initrd.target
|
v
initrd-cleanup.service
isoliert zu
initrd-switch-root.target
|
v
______________________/|
/ v
| initrd-udevadm-cleanup-db.service
v |
(angepasste Initrd- |
Dienste…) |
\______________________ |
\|
v
initrd-switch-root.target
|
v
initrd-switch-root.service
|
v
Übergang ins Hauptbetriebssystem
SYSTEMVERWALTERABSCHALTVORGANG
Der Abschaltvorgang mit Systemd besteht auch aus verschiedenen Ziel-Units mit einiger minimaler
Ordnungsstruktur:
(conflicts with (conflicts with
all system all file system
services) mounts, swaps,
| cryptsetup
| devices, ...)
| |
v v
shutdown.target umount.target
| |
\_______ ______/
\ /
v
(various low-level
services)
|
v
final.target
|
_____________________________________/ \_________________________________
/ | | \
| | | |
v v v v
systemd-reboot.service systemd-poweroff.service systemd-halt.service systemd-kexec.service
| | | |
v v v v
reboot.target poweroff.target halt.target kexec.target
Häufig verwandte Ziele beim Herunterfahren des Systems sind hervorgehoben.
Beachten Sie, dass systemd-halt.service(8), systemd-reboot.service, systemd-poweroff.service und
systemd-kexec.service das System und den Diensteverwalter (PID 1) in die zweite Phase des
Systemherunterfahrens überleiten (was im Programm systemd-shutdown implementiert ist). Dieser wird in
einer einfachen und robusten Weise alle verbleibenden Dateisysteme aushängen, alle verbleibenden Prozesse
töten und alle verbleibenden Ressourcen freigeben, ohne das Dienste- oder Unit-Konzept noch in Betracht
zu ziehen. Zu diesem Zeitpunkt sind gewöhnliche Anwendungen und Ressourcen im Allgemeinen bereits beendet
und freigegeben, die zweite Phase agiert daher nur als Sicherheitsnetz für alles, das aus irgendeinem
Grund nicht während des oben beschriebenen, primären, Unit-basierten Herunterfahrens beendet oder
freigegeben werden konnte.
SIEHE AUCH
systemd(1), boot(7), systemd.special(7), systemd.target(5), systemd-halt.service(8), dracut(8)
ANMERKUNGEN
1. GRUB
https://www.gnu.org/software/grub/
ÜBERSETZUNG
Die deutsche Übersetzung dieser Handbuchseite wurde von Helge Kreutzmann <debian@helgefjell.de> erstellt.
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systemd 243 BOOTUP(7)