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BEZEICHNUNG
Unicode - universeller Zeichensatz
BESCHREIBUNG
Die internationale Norm ISO 10646 definiert den Universal Character Set (UCS). UCS enthält sämtliche Zeichen aller anderen Zeichensatz-Standards. Er garantiert auch »round-trip compatibility«; mit anderen Worten können Konvertierungstabellen so erstellt werden, dass beim Konvertieren einer Zeichenkette zwischen einer anderen Kodierung und UCS keinerlei Information verlorengeht. Mit den in UCS enthaltenen Zeichen können praktisch alle bekannten Sprachen dargestellt werden. Dies umfasst nicht nur die lateinische, griechische, kyrillische, hebräische, arabische, armenische und georgische Schrift, sondern auch chinesische, japanische und koreanische Han-Ideogramme sowie Schriften wie Hiragana, Katakana, Hangul, Devanagari, Bengali, Gurmukhi, Gujarati, Oriya, Tamil, Telugu, Kannada, Malayalam, Thai, Lao, Khmer, Bopomofo, Tibetisch, Runen, Äthiopisch, Canadian Syllabics (für die Sprachen kanadischer Ureinwohner), Cherokee, Mongolisch, Ogham, Birmanisch, Sinhala, Thaana, Yi und andere. Für noch nicht abgedeckte Schriften wird weiter daran geforscht, wie sie am besten für Computernutzung kodiert werden. Eines Tages werden auch sie aufgenommen werden. Dazu könnten nicht nur Hieroglyphen und verschiedene historische indoeuropäische Sprachen gehören, sondern auch einige ausgewählte Kunstsprachen wie Tengwar, Cirth und Klingonisch. UCS umfasst auch eine große Anzahl von grafischen, typografischen, mathematischen und wissenschaftlichen Symbolen, einschließlich den von TeX, PostScript, APL, MS-DOS, MS-Windows, Macintosh, OCR-Schriften zur Verfügung gestellten, ebenso wie die Schriften vieler Textverarbeitungs- und Publishing-Systeme. Und es kommen weitere hinzu. Die UCS-Norm (ISO 10646) beschreibt eine 31-Bit-Zeichensatzarchitektur. Sie besteht aus 128 24-Bit-Gruppen, die jeweils in 256 16-Bit-Ebenen aus 256 8-Bit-Reihen mit 256 Spalten (eine für jedes Zeichen) aufgeteilt sind. Teil 1 der Norm (ISO 10646-1) definiert die ersten 65534 Code-Positionen (0x0000 bis 0xfffd), welche die Basic Multilingual Plane (BMP) bilden, also Ebene 0 in der Gruppe 0. Teil 2 der Norm (ISO 10646-2) fügt der Gruppe 0 Zeichen außerhalb der BMP in mehreren ergänzenden Ebenen im Bereich 0x10000 bis 0x10ffff zu. Es ist nicht geplant, der Norm Zeichen jenseits von 0x10ffff hinzuzufügen. Damit wird in absehbarer Zukunft aus dem gesamten Code-Raum nur ein kleiner Teil der Gruppe 0 tatsächlich verwendet werden. Die BMP enthält alle Zeichen anderer häufig verwendeter Zeichensätze. Die Ergänzungsebenen nach ISO 10646-2 decken nur eher exotische Zeichen für spezielle Anforderungen in der Wissenschaft, dem Druck von Wörterbüchern, dem Verlagswesen und übergeordneten Protokollen sowie von Enthusiasten ab. Die Darstellung jedes einzelnen UCS-Zeichens als 2-Byte-Wort wird als die UCS-2-Form (nur für BMP-Zeichen) bezeichnet, während UCS-4 die einzelnen Zeichen durch ein 4-Byte-Wort darstellt. Darüber hinaus gibt es die zwei Codierungsformen UTF-8 für Abwärtskompatibilität mit ASCII-Software und UTF-16 für die abwärtskompatible Bearbeitung von Nicht-BMP-Zeichen bis 0x10FFFF durch UCS-2-Software. Die UCS-Zeichen 0x0000 bis 0x007f sind mit denen des klassischen US-ASCII-Zeichensatzes und die Zeichen im Bereich von 0x0000 bis 0x00ff mit denen des ISO-8859-1-Latin-1-Zeichensatzes identisch. Kombinationszeichen Einige Code-Punkte von UCS wurden sogenannten Kombinationszeichen (combining characters) zugewiesen. Sie sind mit den Akzenttasten auf Schreibmaschinen vergleichbar, bei denen sich die Schreibposition nicht verändert. Ein Kombinationszeichen fügt dem vorhergehenden Zeichen einfach einen Akzent hinzu. Den wichtigsten Zeichen mit Akzenten wurden eigene Codes im UCS zugewiesen. Mit dem Mechanismus der Kombinationszeichen können Akzente und andere diakritische Markierungen zu jedem beliebigen Zeichen hinzugefügt werden. Kombinationszeichen folgen immer dem Zeichen, das sie verändern. Zum Beispiel kann das deutsche »Ä« (oder »Latin capital letter A with diaeresis«) entweder durch den festen UCS-Code 0x00c4 oder alternativ als Kombination des normalen »A« (»Latin capital letter A«) gefolgt vom Kombinationszeichen für »doppelt gepunktet« (combining diaeresis) als 0x0041 0x0308 dargestellt werden. Kombinationszeichen sind wesentlich zum Beispiel für die Codierung der Thai-Schrift, für den Satz mathematischer Formeln und Nutzer der internationalen Lautschrift. Implementierungsstufen Da nicht erwartet wird, dass alle Systeme komplexere Mechanismen wie Kombinationszeichen unterstützen, beschreibt ISO 10646 die folgenden drei Implementierungsstufen für UCS: Stufe 1 Kombinationszeichen und Hangul-Jamo (eine Kodierungsvariante der koreanischen Schrift, in der Zeichen für Hangul-Silben als zwei- oder dreistellige Vokal-/Konsonanten-Kombinationen codiert werden) werden nicht unterstützt. Stufe 2 Zusätzlich zu Stufe 1 sind Kombinationszeichen jetzt für einige Sprachen, in denen sie unerlässlich sind (z. B. Thai, Lao, Hebräisch, Arabisch, Devanagari, Malayalam) erlaubt. Stufe 3 Alle UCS-Zeichen werden unterstützt. Der vom Unicode Consortium veröffentlichte Standard Unicode 3.0 enthält genau die »UCS Basic Multilingual Plane« auf der Implementierungsstufe 3, wie in ISO 10646-1:2000 beschrieben. Unicode 3.1 fügte die zusätzlichen Ebenen von ISO 10646-2 hinzu. Der Unicode-Standard und vom Unicode Consortium veröffentlichte technische Berichte bieten viele zusätzliche Informationen über die Semantik und die empfohlene Verwendung der verschiedenen Zeichen. Sie geben Richtlinien und Algorithmen für die Bearbeitung, das Sortieren, Vergleichen, Normalisieren, Umwandeln und Anzeigen von Unicode-Zeichenketten. Unicode unter Linux Unter GNU/Linux ist der C-Datentyp wchar_t ein vorzeichenbehafteter 32-Bit-Ganzzahl-Typ. Seine Werte werden von der C-Bibliothek immer (in allen Locales) als UCS-Codewerte interpretiert. Diese Konvention signalisiert die GNU-C-Bibliothek Anwendungen durch die Definition der Konstante __STDC_ISO_10646__, wie es im ISO-C99-Standard spezifiziert ist. UCS/Unicode in der ASCII-kompatiblen UTF-8-Multibyte-Codierung kann wie ASCII in Ein-/Ausgabe-Datenströmen, zur Terminal-Kommunikation, in Klartext-Dateien, Dateinamen und Umgebungsvariablen verwendet werden. Um allen Anwendungen die Verwendung von UTF-8 als Zeichencodierung bekannt zu geben, muss mittels Umgebungsvariablen (z.B. »LANG=en_GB.UTF-8«) eine geeignete Locale festgelegt werden. Die Funktion nl_langinfo(CODESET) gibt den Namen der ausgewählten Codierung zurück. Mit Bibliotheksfunktionen wie wctomb(3) und mbsrtowcs(3) können die internen wchar_t-Zeichen und Zeichenketten in die System-Zeichenkodierung konvertiert werden (und auch wieder zurück). wcwidth(3) gibt an, wie viele Positionen (0…2) der Cursor durch die Ausgabe eines Zeichens weitergesetzt wird. Bereich für private Nutzung (PUA) In der »Basic Multilingual Plane« werden dem Bereich 0xe000 bis 0xf8ff niemals Zeichen vom Standard zugewiesen werden - er ist für private Nutzung reserviert. Für die Linux-Gemeinde wurde dieser Privatbereich weiter unterteilt in den Bereich 0xe000 bis 0xefff, der vom Endbenutzer individuell benutzt werden kann, und den Linux-Bereich von 0xf000 bis 0xf8ff, in dem koordiniert gemeinsame Erweiterungen aller Linux-Benutzer abgelegt werden. Die Registrierung der der Linux-Zone zugeordneten Zeichen wird von LANANA betreut und die Registrierung selbst befindet sich in Documentation/admin-guide/unicode.rst in den Linux-Kernelquellen (oder Documentation/unicode.txt vor Linux 4.10). Zwei weitere Ebenen sind für die private Nutzung reserviert: Ebene 16 (»Supplementary Private Use Area-A«, Bereich 0xf0000 bis 0xffffd) und Ebene 16 (»Supplementary Private Use Area-B«, Bereich 0x100000 bis 0x10fffd). Literatur • Information technology – Universal Multiple-Octet Coded Character Set (UCS) – Part 1: Architecture and Basic Multilingual Plane. Internationale Norm ISO/IEC 10646-1, International Organization for Standardization, Genf, 2000. Dies ist die offizielle UCS-Spezifikation. Verfügbar unter ⟨http://www.iso.ch/⟩. • The Unicode Standard, Version 3.0. The Unicode Consortium, Addison-Wesley, Reading, MA, 2000, ISBN 0-201-61633-5. • S. Harbison, G. Steele. C: A Reference Manual. Fourth edition, Prentice Hall, Englewood Cliffs, 1995, ISBN 0-13-326224-3. Ein gutes Fachbuch über die Programmiersprache C. Die vierte Auflage behandelt jetzt auch den Nachtrag (Amendment) 1 von 1994 zur ISO-C-Norm (ISO/IEC 9899:1990), der eine große Anzahl neuer C-Bibliotheksfunktionen zum Umgang mit Zeichensätzen von mehr als 8 Bit pro Zeichen hinzufügt. Das Buch behandelt aber noch nicht die ISO-C99-Norm, welcher die Unterstützung von Multibyte-Zeichen weiter verbesserte. • Technische Unicode-Berichte ⟨http://www.unicode.org/reports/⟩ • Markus Kuhn: UTF-8 and Unicode FAQ for UNIX/Linux. ⟨http://www.cl.cam.ac.uk/~mgk25/unicode.html⟩ • Bruno Haible: Unicode HOWTO ⟨http://www.tldp.org/HOWTO/Unicode-HOWTO.html⟩
SIEHE AUCH
locale(1), setlocale(3), charsets(7), utf-8(7)
ÜBERSETZUNG
Die deutsche Übersetzung dieser Handbuchseite wurde von Johnny Teveßen <j.tevessen@gmx.de> und Martin Eberhard Schauer <Martin.E.Schauer@gmx.de> erstellt. Diese Übersetzung ist Freie Dokumentation; lesen Sie die GNU General Public License Version 3 ⟨https://www.gnu.org/licenses/gpl-3.0.html⟩ oder neuer bezüglich der Copyright- Bedingungen. Es wird KEINE HAFTUNG übernommen. Wenn Sie Fehler in der Übersetzung dieser Handbuchseite finden, schicken Sie bitte eine E- Mail an die Mailingliste der Übersetzer ⟨debian-l10n-german@lists.debian.org⟩.