Provided by: manpages-de-dev_2.16-1_all bug

BEZEICHNUNG

       execve - Programm ausführen

ÜBERSICHT

       #include <unistd.h>

       int execve(const char *pathname, char *const argv[],
        char *const envp[]);

BESCHREIBUNG

       execve()  führt  das Programm aus, auf das sich pathname bezieht. Dies führt dazu, dass das Programm, das
       derzeit  vom  aufrufenden  Prozess  ausgeführt  wird,  durch  ein  neues  Programm,  mit   einem   frisch
       initialisierten Stack, Heap und (initialisierten und uninitialisierten) Datensegmenten ersetzt wird.

       pathname  muss  entweder  ein binäres ausführbares Programm oder ein Skript sein, das mit einer Zeile der
       folgenden Form beginnt:

           #!Interpreter [Optionale-Arg]

       Einzelheiten zu letzterem Fall finden Sie in »Interpreter-Skripte« weiter unten.

       argv ist ein Feld von Argumentezeichenketten, die an das neue Programm übergeben werden.  Per  Konvention
       sollte  die  erste  dieser  Zeichenketten  (d.h.  argv[0]) den Dateinnamen, der zu der ausgeführten Datei
       gehört, enthalten. envp ist ein Feld von Zeichenketten, das per Konvention die Form Schlüssel=Wert  haben
       sollte,  das  an  die  Umgebung des neuen Programms übergeben wird. Die Felder argv und envp müssen jeder
       einen Null-Zeiger am Ende des Feldes enthalten.

       Auf den Argumentzeiger und die Umgebung kann von der Main-Funktion des aufgerufenen Programms zugegriffen
       werden, wenn sie wie folgt definiert ist:

           int main(int argc, char *argv[], char *envp[])

       Beachten Sie allerdings, dass die Verwendung eines dritten Arguments  bei  der  Funktion  main  nicht  in
       POSIX.1  spezifiziert  ist;  laut  POSIX.1  sollte  auf die Umgebung über die externe Variable environ(7)
       zugegriffen werden.

       execve() kehrt bei Erfolg nicht zurück und Text, initialisierte Daten, uninitialisierte Daten  (bss)  und
       Stack   des   aufrufenden   Prozesses  werden  entsprechend  des  Inhalts  des  neu  geladenen  Programms
       überschrieben.

       Falls das aktuelle Programm mit ptrace verfolgt wird, wird nach einem erfolgreichen execve()  ein  Signal
       SIGTRAP an es gesandt.

       Falls  bei  der  Programmdatei, auf die sich pathname bezieht, das Bit set-user-ID gesetzt ist, dann wird
       die effektive Benutzerkennung  des  aufrufenden  Programms  zu  der  des  Eigentümers  der  Programmdatei
       geändert.  Ähnlich  wird  die  effektive  Gruppenkennung  des  aufrufenden  Prozesses  auf die Gruppe der
       Programmdatei gesetzt, wenn das Bit set-group-ID auf der Programmdatei gesetzt ist.

       Die vorgenannten  Umwandlungen  der  effektiven  Kennungen  werden  nicht  durchgeführt  (d.h.  die  Bits
       set-user-ID und set-group-ID werden ignoriert), falls eine der folgenden Aussagen wahr ist:

       *  Das Attribut no_new_privs wird für den aufrufenden Thread gesetzt (siehe prctl(2)).

       *  Das unterliegende Dateisystem ist nosuid eingehängt (der Schalter MS_NOSUID für mount(2)). Oder

       *  der aufrufende Prozess wird mit ptrace verfolgt.

       Die  Capabilities  der  Programmdatei (siehe capabilities(7)) werden auch ignoriert, wenn eine der obigen
       Bedingungen zutrifft.

       Die effektive Benutzerkennung des Prozesses wird in die gespeicherte set-user-ID  kopiert.  Ähnlich  wird
       die  effektive Gruppenkennung in die gespeicherte set-group-ID kopiert. Dieses Kopieren findet nach allen
       effektiven ID-Änderungen statt, die aufgrund der Modusbits set-user-ID und set-group-ID erfolgen.

       Die reale UID und reale GID des Prozesses sowie die zusätzlichen Gruppenkennungen ändern sich beim Aufruf
       von execve() nicht.

       Falls   das   Programm   eine   dynamisch   gelinkte   Programmdatei    im    a.out-Format    ist,    die
       Laufzeitbibliotheken-Stubs  enthält,  dann  wird  der  dynamische Linker ld.so(8) von Linux am Anfang der
       Ausführung aufgerufen, um die benötigten Laufzeitobjekte in den Speicher zu bringen und das Programm  mit
       ihnen zu verlinken.

       Falls  das  Programm ein dynamisch gelinktes ELF-Programm ist, wird der in dem Segment PT_INTERP benannte
       Interpreter  zum  Laden  der  gemeinsamen  Objekte  verwandt.  Dieser  Interpreter   ist   typischerweise
       /lib/ld-linux.so.2 für Programme, die mit der Glibc gelinkt sind (siehe ld-linux.so(8)).

       Alle außer den nachfolgend aufgeführten Prozessattributen werden durch ein execve() erhalten:

       *  Die Zuordnung aller gefangenen Signale wird auf die Vorgabe zurückgesetzt (signal(7)).

       *  Alle alternativen Signal-Stacks werden nicht erhalten (sigaltstack(2)).

       *  Memory mappings are not preserved (mmap(2)).

       *  Gemeinsam benutzte Speichersegmente vom Typ »System V« werden abgetrennt (shmat(2)).

       *  POSIX shared memory regions are unmapped (shm_open(3)).

       *  Offene POSIX-Nachrichtenwarteschlangendeskriptoren werden geschlossen (mq_overview(7)).

       *  Alle offenen benannten POSIX-Semaphoren werden geschlossen (sem_overview(7)).

       *  POSIX-Timer werden nicht erhalten (timer_create(2)).

       *  Alle offenen Verzeichnis-Streams werden geschlossen (opendir(3)).

       *  Speichersperren werden nicht erhalten (mlock(2), mlockall(2)).

       *  Exit-Handler werden nicht erhalten (atexit(3), on_exit(3)).

       *  Die Gleitkomma-Umgebung wird auf den Standardwert zurückgesetzt (siehe fenv(3)).

       Die  Prozessattribute  in  der  vorstehenden  Liste  sind  alle  in  POSIX.1  spezifiziert. Die folgenden
       Linux-spezifischen Prozessattribute werden auch während eines execve() nicht erhalten:

       *  Der prctl(2)-Schalter PR_SET_DUMPABLE wird gesetzt. Wird ein set-user-ID-  oder  set-group-ID-Programm
          ausgeführt, dann wird er auf 0 gesetzt.

       *  Der prctl(2)-Schalter PR_SET_KEEPCAPS wird auf 0 gesetzt.

       *  (Seit  Linux  2.4.36 / 2.6.23) Falls ein set-user-ID- oder set-group-ID-Programm ausgeführt wird, dann
          wird das durch den Schalter prctl(2) PR_SET_PDEATHSIG gesetzte Todessignal des Elternprozesses  auf  0
          gesetzt.

       *  Der  Prozessname,  wie er von prctl(2) PR_SET_NAME gesetzt (und durch ps -o comm angezeigt) wird, wird
          auf den Namen des ausführbaren Programms zurückgesetzt.

       *  Der SECBIT_KEEP_CAPS Schalter securebits wird auf 0 gesetzt. Siehe capabilities(7).

       *  Das Terminierungssignal wird auf SIGCHLD zurückgesetzt (siehe clone(2)).

       *  Die Dateideskriptortabelle wird getrennt, der Effekt  des  Schalters  CLONE_FILES  von  clone(2)  wird
          rückgängig gemacht.

       Beachten Sie die folgenden weiteren Punkte:

       *  Alle Threads außer dem aufrufenden werden während eines execve() zerstört. Mutexe, Bedingungsvariablen
          und andere Pthread-Objekte werden nicht erhalten.

       *  Das Äquivalent von setlocale(LC_ALL, "C") wird beim Programmstart ausgeführt.

       *  POSIX.1  legt  fest,  dass  Zuordnungen  aller ignorierten oder auf die Vorgabewerte gesetzten Signale
          unverändert bleiben. POSIX.1 legt eine Ausnahme fest: Falls SIGCHLD ignoriert  wird,  dann  darf  eine
          Implementierung  die  Zuordnung  unverändert lassen oder sie auf die Vorgabe zurücksetzen; Linux macht
          Ersteres.

       *  Alle ausstehenden asynchronen E/A-Operationen werden abgebrochen (aio_read(3), aio_write(3)).

       *  Für den Umgang mit Capabilities während execve(), siehe capabilities(7).

       *  Standardmäßig bleiben Dateideskriptoren über ein execve() hinweg  offen.  Dateideskriptoren,  die  mit
          close-on-exec  markiert  sind,  werden geschlossen; siehe die Beschreibung von FD_CLOEXEC in fcntl(2).
          (Falls ein Dateideskriptor geschlossen wird, führt dies zur  Freigabe  aller  von  der  unterliegenden
          Datei  durch  den  Prozess erhaltenen Datensatzsperren. Siehe fcntl(2) für Details.) Laut POSIX.1 darf
          das System eine nicht festgelegte Datei für jeden der Dateideskriptoren 0, 1 und 2 öffnen, falls diese
          andernfalls nach einem erfolgreichen execve() geschlossen und  der  Prozess  aufgrund  der  Modus-Bits
          set-user-ID  oder set-group_ID Privilegien erhalten würde. Als allgemeines Prinzip darf kein portables
          Programm, egal ob privilegiert oder nicht,  annehmen,  dass  diese  drei  Dateideskriptoren  über  ein
          execve() geschlossen bleiben.

   Interpreter-Skripte
       Ein  Interpreter-Skript  ist  eine  Textdatei,  die über Ausführrechte verfügt und dessen erste Zeile die
       folgende Form annimmt:

           #!Interpreter [Optionale-Arg]

       Der Interpreter muss ein gültiger Pfadname zu einer ausführbaren Datei sein.

       Falls das Argument pathname von execve() ein Interpreterskript festlegt, dann wird  interpreter  mit  den
       folgenden Argumenten aufgerufen.

           Interpreter [Optionale-Arg] pathname Arg …

       Hierbei  ist  pathname  der  absolute Pfadname der Datei, die als erstes Argument von execve() festgelegt
       ist, und arg… die Serie von Wörtern, auf die vom Argument argv von execve() gezeigt  wird,  beginnen  mit
       argv[1].  Beachten Sie, dass es keine Möglichkeit gibt, argv[0], der dem Aufruf execve() übergeben wurde,
       zu erhalten.

       Für den portablen Einsatz sollte Optionale-Arg entweder  abwesend  oder  als  einzelnes  Wort  festgelegt
       werden (d.h. es sollte keine Leerraumzeichen enthalten); siehe ANMERKUNGEN unten.

       Seit Linux 2.6.28 erlaubt es der Kernel, dass der Interpreter eines Skripts selbst wieder ein Skript ist.
       Diese  Erlaubnis ist rekursiv bis zu einer Rekursionstiefe von 4, so dass der Interpreter ein Skript sein
       darf, das von einem Skript interpretiert wird und so weiter.

   Begrenzungen der Größe der Argumente und der Umgebung
       Die meisten UNIX-Implementierungen verhängen eine Begrenzung für die Gesamtgröße  der  Zeichenketten  der
       Befehlszeilenargumente  (argv)  und der Umgebung (envp), die an ein neues Programm übergeben werden darf.
       POSIX.1 erlaubt es einer Implementierung, diese  Begrenzung  mit  der  Konstante  ARG_MAX  bekanntzugeben
       (entweder definiert in <limits.h> oder zur Laufzeit mit dem Aufruf sysconf(_SC_ARG_MAX) verfügbar).

       Vor  Kernel 2.6.23 unter Linux war der Speicher, der zum Ablegen der Umgebungs- und Argumentzeichenketten
       verwandt wurde,  auf  32  Seiten  begrenzt  (definiert  durch  die  Kernelkonstante  MAX_ARG_PAGES).  Auf
       Architekturen mit einer 4-kB-Seitengröße führt dies zu einer Maximalgröße von 128 kB.

       Auf  den  meisten  Architekturen  wird  unter  Kernel 2.6.23 und neuer eine Größenbegrenzung, die von der
       Ressourcenbegrenzung RLIMIT_STACK (siehe getrlimit(2)) abgeleitet ist,  die  zum  Zeitpunkt  des  Aufrufs
       execve() in Kraft war, unterstützt. (Architekturen ohne Speicherverwaltungseinheit sind die Ausnahme: bei
       ihnen  bleibt  die  Begrenzung,  die  vor  dem  Kernel  2.6.23  in  Kraft war.) Diese Änderung erlaubt es
       Programmen, eine viel größere Argumenten- und/oder Umgebungsliste zu haben. Für diese  Architekturen  ist
       die  Gesamtgröße  auf  1/4  der erlaubten Stack-Größe begrenzt. (Die Erzwingung der 1/4-Begrenzung stellt
       sicher, dass neue Programme immer über Stack-Bereich verfügen.) Zusätzlich wird die Gesamtgröße  auf  3/4
       des Wertes der Kernelkonstanten _STK_LIM (8 Mibibytes) begrenzt. Seit Linux 2.6.25 stellt auch der Kernel
       eine  Untergrenze  von  32  Seiten dieser Begrenzung bereit, so dass selbst wenn RLIMIT_STACK sehr gering
       ist, Anwendungen garantiert über mindestens so viel Argument- und  Umgebungsbereich  verfügen,  wie  dies
       unter  Linux  2.6.23  und  älter  der Fall war. (Diese Garantie wurde nicht unter Linux 2.6.23 und 2.6.24
       erfüllt.) Zusätzlich ist die Begrenzung pro Zeichenkette 32 Seiten (der Kernelkonstanten  MAX_ARG_STRLEN)
       und die maximale Anzahl von Zeichenketten ist 0x7FFFFFFF.

RÜCKGABEWERT

       Im  Erfolgsfall kehrt execve() nicht zurück, im Fehlerfall wird -1 zurückgeliefert und errno entsprechend
       gesetzt.

FEHLER

       E2BIG  Die Gesamtanzahl von Bytes in der Umgebungs- (envp) und der Argumentenliste (argv) ist zu groß.

       EACCES Für einen Teil des Pfadpräfixes von pathname oder  dem  Namen  des  Skript-Interpreters  wird  die
              Suchberechtigung verweigert. (Siehe auch path_resolution(7).)

       EACCES Die Datei oder der Skriptinterpreter ist keine reguläre Datei.

       EACCES Für die Datei oder ein Skript oder ELF-Interpreter wird die Ausführberechtigung verweigert.

       EACCES Das Dateisystem ist nicht noexec eingehängt.

       EAGAIN (seit Linux 3.1)
              Nach  Änderung  der  realen UID mittels einer der Aufrufe set*uid() war – und ist immer noch – der
              Aufrufende  über  seine  Ressourcenbegrenzung  RLIMIT_NPROC   (siehe   setrlimit(2)).   Für   eine
              detailliertere Erläuterung dieses Fehlers siehe ANMERKUNGEN.

       EFAULT pathname  oder  einer der Zeiger in den Vektoren argv oder envp zeigt aus dem für Sie zugänglichen
              Adressraum heraus.

       EINVAL Ein ELF-Programm hat mehr als ein PT_INTERP-Segment (d.h. versuchte  mehr  als  einen  Interpreter
              anzugeben).

       EIO    Es ist ein E/A-Fehler (engl. I/O) aufgetreten.

       EISDIR Ein ELF-Interpreter war ein Verzeichnis.

       ELIBBAD
              Ein ELF-Interpreter war in einem unbekannten Format.

       ELOOP  Beim  Auflösen  von  pathname  oder  dem Namen eines Skripts oder ELF-Interpreters wurden zu viele
              symbolische Links ermittelt.

       ELOOP  Während der rekursiven Skript-Interpretation (siehe »Interpreter-Skripte« oben) wurde die maximale
              Rekursionsbegrenzung erreicht. Vor Linux 3.8 wurde in diesem Fall der Fehler ENOEXEC erstellt.

       EMFILE Die Beschränkung pro Prozess der Anzahl offener Datei-Deskriptoren wurde erreicht.

       ENAMETOOLONG
              pathname ist zu lang.

       ENFILE Die systemweite Beschränkung für die Gesamtzahl offener Dateien wurde erreicht.

       ENOENT Die  Datei  pathname  oder  ein  Skript  oder  ein  ELF-Interpreter  existiert  nicht  oder   eine
              Laufzeitbibliothek,  die  für  die  Datei  oder den Interpreter benötigt wird, kann nicht gefunden
              werden.

       ENOEXEC
              Ein Programm ist nicht in einem erkennbaren Format, ist für die falsche Architektur oder hat einen
              anderen Formatfehler, wodurch es nicht ausgeführt werden kann.

       ENOMEM Es war nicht genügend Kernelspeicher verfügbar.

       ENOTDIR
              Ein Teil des Pfadpräfixes von pathname oder ein Skript oder ELF-Interpreter ist kein Verzeichnis.

       EPERM  Das Dateisystem ist nosuid eingehängt, der Benutzer ist nicht der Superuser und die Datei hat  das
              Bit set-user-ID oder set-group-ID gesetzt.

       EPERM  Der  Prozess  wird  verfolgt,  der  Benutzer  ist  nicht  der  Superuser und die Datei hat das Bit
              set-user-ID oder set-group-ID gesetzt.

       EPERM  Eine »Capability-unfähige« Anwendung würde nicht die ganze Menge  der  vom  ausführbaren  Programm
              gewährten erlaubten Capabilities erhalten. Siehe capabilities(7).

       ETXTBSY
              Das angegebene Programm war für einen oder mehrere Prozesse zum Schreiben offen.

KONFORM ZU

       POSIX.1-2001,  POSIX.1-2008,  SVr4,  4.3BSD. POSIX dokumentiert das #!-Verhalten nicht, es existiert aber
       (mit einigen Variationen) auf anderen UNIX-Systemen.

ANMERKUNGEN

       Manchmal wird execve() (und die in exec(3) beschriebenen dazugehörigen Funktionen) als »Ausführung  eines
       neuen  Prozesses« (oder ähnlich) beschrieben. Dies ist eine hochgradig irreführende Beschreibung: es gibt
       keinen neuen Prozess, viele Attribute des aufrufenden Prozesses bleiben unverändert  (insbesondere  seine
       PID).  execve()  arrangiert  lediglich, dass ein existierender Prozess (der aufrufende Prozess) ein neues
       Programm ausführt.

       Set-user-ID- und Set-group-ID-Prozesse können nicht mit ptrace(2) verfolgt werden.

       Das  Ergebnis  des  Einhängens  eines  Dateisystems  mit  nosuid  unterscheidet  sich  abhängig  von  der
       Linux-Kernelversion.  Unter  einigen  wird die Ausführung von Programmen mit set-user-ID und set-group-ID
       verweigert,  wenn  das  dem  Benutzer  Rechte  geben  würde,  die  er  nicht  bereits  hatte  (und  EPERM
       zurückliefern).  Unter  anderen  werden  die  Bits  set-user-ID  und  set-group-ID  ignoriert  und exec()
       erfolgreich ausgeführt.

       Unter Linux können argv und envp als NULL festgelegt werden. In  beiden  Fällen  hat  dies  den  gleichen
       Effekt  wie  die  Festlegung  des Arguments auf einen Zeiger auf eine Liste, die als einziges Element den
       NULL-Zeiger enthält. Nutzen Sie diese nicht standardisierte und nicht  portable  Misfunktionalität  nicht
       aus!  Unter  vielen UNIX-Systemen führt die Festlegung von argv als NULL zu einem Fehler (EFAULT). Einige
       andere UNIX-Systeme behandeln den Fall envp==NULL wie Linux.

       POSIX.1 besagt, dass die von sysconf(3) zurückgelieferten Werte  über  die  Lebensdauer  eines  Prozesses
       unveränderlich  sein  sollen.  Seit  2.6.23 wird der von _SC_ARG_MAX berichtete Wert sich allerdings auch
       ändern, wenn die Ressourcenbegrenzung RLIMIT_STACK sich ändert, um die Tatsache zu berücksichtigen,  dass
       die Begrenzung des Platzes zum Halten der Befehlszeilenargumente und der Umgebungsvariablen sich geändert
       hat.

       In  den  meisten  Fällen, in denen execve() fehlschlägt, kehrt die Steuerung zu dem ursprünglichen Abbild
       zurück und der  Aufrufende  von  execve()  kann  mit  dem  Fehler  umgehen.  In  (seltenen)  Fällen  kann
       (typischerweise durch Ressourcenerschöpfung verursacht) der Fehlschlag den Punkt ohne Rückkehr passieren:
       das ursprüngliche Abbild wurde bereits entfernt aber das neue Abbild konnte nicht komplett gebaut werden.
       In diesen Fällen beendet der Kernel den Prozess mit einem Signal SIGKILL.

   Interpreter-Skripte
       Der  Kernel  legt  eine maximal Länge für Text, der den Zeichen »#!« am Anfang eines Skriptes folgt, auf.
       Zeichen hinter dieser Begrenzung werden ignoriert. Vor Linux 5.1 war die  Begrenzung  127  Zeichen,  seit
       Linux 5.1 ist die Begrenzung 255 Zeichen.

       Die   Semantik  des  Arguments  Optionale-Args  eines  Interpreterskriptes  unterscheidet  sich  zwischen
       Implementierungen. Unter Linux wird  die  gesamte  Zeichenkette,  die  Interpreter  folgt,  als  einziges
       Argument  an  den  Interpreter übergeben und diese Zeichenkette kann Leerzeichen enthalten. Das Verhalten
       unterscheidet sich aber auf einigen anderen Systemen. Einige Systeme verwenden das erste Leerzeichen,  um
       Optionale-Args  zu  beenden.  Auf einigen Systemen kann ein Interpreterskript mehrere Argumente haben und
       Leerzeichen in Optionale-Args werden zum Begrenzen der Argumente verwandt.

       Linux (wie die meisten anderen modernen UNIX-Systeme) ignoriert die Bits set-user-ID und set-group-ID bei
       Skripten.

   execve() und EAGAIN
       Eine detailliertere Beschreibung des Fehlers EAGAIN, der  (seit  Linux  3.1)  beim  Aufruf  von  execve()
       auftreten kann, ist wie folgt:

       Der  Fehler  EAGAIN  kann  auftreten,  wenn  ein  vorhergehender  Aufruf  von setuid(2), setreuid(2) oder
       setresuid(2) dazu führte, dass die reale Benutzerkennung des Prozesses geändert wurde und diese  Änderung
       dazu  führte, dass der Prozess seine Ressourcenbeschränkung RLIMIT_NPROC überschritt (d.h. die Anzahl der
       zu der neuen realen UID gehörenden Prozesse überschreitet die Ressourcenbeschränkung).  Von  Linux  2.6.0
       bis 3.0 führte dies dazu, dass der Aufruf set*uid() fehlschlug. (Vor 2.6 wurde die Ressourcenbeschränkung
       bei Prozessen, die ihre Benutzerkennungen änderten, nicht durchgesetzt.)

       Seit Linux 3.1 schlägt in dem gerade beschriebenen Szenario der Aufruf set*uid() nicht mehr fehl, da dies
       zu oft zu Sicherheitslöchern führte, bei denen fehlerhafte Anwendungen nicht den Rückgabewert prüften und
       annahmen,  dass  –  falls  der  Aufrufende  Root-Rechte  hatte – der Aufruf immer erfolgreich sein würde.
       Stattdessen ändert der Aufruf set*uid() jetzt erfolgreich die reale UID,  aber  der  Kernel  setzt  einen
       internen Schalter namens PF_NPROC_EXCEEDED, um zu vermerken, dass die Ressourcenbeschränkung RLIMIT_NPROC
       überschritten  wurde. Falls der Schalter PF_NPROC_EXCEEDED gesetzt ist und die Ressourcenbeschränkung zum
       Zeitpunkt eines folgenden execve()-Aufrufs immer noch überschritten ist, dann schlägt dieser  Aufruf  mit
       dem Fehler EAGAIN fehl. Diese Kernellogik stellt sicher, dass die Ressourcenbeschränkung RLIMIT_NPROC für
       den  häufigen  Ablauf  bei  privilegierten  Daemons  –  also  fork(2)  + set*uid() + execve() – weiterhin
       durchgesetzt wird.

       Falls die Ressourcenbegrenzung zum Zeitpunkt des Aufrufs execve()  noch  nicht  überschritten  wurde  (da
       andere  zu dieser realen UID gehörende Prozesse sich zwischen dem Aufruf von set*uid() und dem Aufruf von
       execve()  beendeten),  dann  gelingt  der  Aufruf  und   der   Kernel   bereinigt   den   Prozessschalter
       PF_NPROC_EXCEEDED.  Der  Schalter  wird  auch auf 0 gesetzt, falls ein folgender Aufruf von fork(2) durch
       diesen Prozess gelingt.

   Geschichtliches
       Unter  UNIX V6  wurde  die  Argumentenliste  von  einem  exec()-Aufruf  durch  0  beendet,  während   die
       Argumentenliste  von  main  durch  -1  beendet  wurde.  Daher war diese Argumentenliste nicht für weitere
       exec()-Aufrufe direkt verwendbar. Seit UNIX V7 sind beide NULL.

BEISPIEL

       Das folgende Programm ist dafür gedacht, vom zweiten folgenden Programm ausgeführt zu werden. Es gibt nur
       seine Befehlszeile (eine pro Zeile) wieder aus.

           /* myecho.c */

           #include <stdio.h>
           #include <stdlib.h>

           int
           main(int argc, char *argv[])
           {
               int j;

               for (j = 0; j < argc; j++)
                   printf("argv[%d]: %s\n", j, argv[j]);

               exit(EXIT_SUCCESS);
           }

       Dieses Programm kann zur Ausführung des in  seinem  Befehlszeilenargument  benannten  Programms  verwandt
       werden:

           /* execve.c */

           #include <stdio.h>
           #include <stdlib.h>
           #include <unistd.h>

           int
           main(int argc, char *argv[])
           {
               char *newargv[] = { NULL, "Hallo", "Welt", NULL };
               char *newenviron[] = { NULL };

               if (argc != 2) {
                printf(stderr, "Aufruf: %s <auszuführende-Datei>\n", argv[0]);
                exit(EXIT_FAILURE);
               }

               newargv[0] = argv[1];

               execve(argv[1], newargv, newenviron);
               perror("execve");   /* execve() kehrt nur im Fehlerfall zurück */
               exit(EXIT_FAILURE);
           }

       Wir können das zweite Programm verwenden, um das erste wie folgt aufzurufen:

           $ cc myecho.c -o myecho
           $ cc execve.c -o execve
           $ ./execve ./myecho
           argv[0]: ./myecho
           argv[1]: Hallo
           argv[2]: Welt

       Wir  können  diese  Programme  auch zur Demonstration der Verwendung eines Skript-Interpreters verwenden.
       Dafür erstellen wir ein Skript, dessen »Interpreter« unser myecho-Programm ist.

           $ cat > script
           #!./myecho script-arg
           ^D
           $ chmod +x script

       Wir können dann unser Programm verwenden, um das Skript auszuführen:

           $ ./execve ./script
           argv[0]: ./myecho
           argv[1]: script-arg
           argv[2]: ./script
           argv[3]: Hallo
           argv[4]: Welt

SIEHE AUCH

       chmod(2), execveat(2), fork(2), get_robust_list(2), ptrace(2), exec(3), fexecve(3), getopt(3), system(3),
       credentials(7), environ(7), path_resolution(7), ld.so(8)

KOLOPHON

       Diese Seite ist Teil der Veröffentlichung  5.03  des  Projekts  Linux-man-pages.  Eine  Beschreibung  des
       Projekts, Informationen, wie Fehler gemeldet werden können sowie die aktuelle Version dieser Seite finden
       sich unter https://www.kernel.org/doc/man-pages/.

ÜBERSETZUNG

       Die deutsche Übersetzung dieser Handbuchseite wurde von Helge Kreutzmann <debian@helgefjell.de> erstellt.

       Diese  Übersetzung ist Freie Dokumentation; lesen Sie die GNU General Public License Version 3 oder neuer
       bezüglich der Copyright-Bedingungen. Es wird KEINE HAFTUNG übernommen.

       Wenn Sie Fehler in der Übersetzung dieser  Handbuchseite  finden,  schicken  Sie  bitte  eine  E-Mail  an
       <debian-l10n-german@lists.debian.org>.

Linux                                           10. Oktober 2019                                       EXECVE(2)