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BEZEICHNUNG

       capabilities - Überblick über Linux-Capabilities

BESCHREIBUNG

       Für  den  Zweck  der  Durchführung von Rechteprüfungen unterscheiden traditionelle UNIX-Implementierungen
       zwei Arten von Prozessen: Privilegierte Prozesse (deren effektive Benutzer-ID 0 ist, auch  als  Superuser
       oder  Root  benannt)  und  unprivilegierte  Prozesse  (deren  effektive  UID  von  Null verschieden ist).
       Privilegierte Prozesse übergehen alle Kernel-Rechteprüfungen, während unprivilegierte Prozesse der vollen
       Rechteprüfung, basierend auf den Berechtigungsnachweisen des  Prozesses  (normalerweise:  effektive  UID,
       effektive GID und ergänzende Gruppenliste), unterliegen.

       Beginnend  mit Kernel 2.2 unterteilt Linux die Privilegien, die traditionell mit dem Superuser assoziiert
       sind, in getrennte Einheiten, die als Capabilities bekannt  sind.  Diese  können  unabhängig  voneinander
       aktiviert oder deaktiviert werden. Capabilities sind ein Attribut pro Thread.

   Liste der Capabilities
       Die  folgende  Liste zeigt die in Linux implementierten Capabilities und die Aktionen oder Verhalten, die
       jede Capability erlaubt:

       CAP_AUDIT_CONTROL (seit Linux 2.6.11)
              Kernel-Auditierung  aktivieren  und  deaktivieren;   die   Auditierung-Filterregel   ändern;   den
              Auditstatus und Filterregel abfragen.

       CAP_AUDIT_READ (seit Linux 3.16)
              Erlaubt das Schreiben des Audit-Protokolls über einen Multicast-Netlink-Socket

       CAP_AUDIT_WRITE (seit Linux 2.6.11)
              Datensätze in das Audit-Protokoll des Kernels schreiben

       CAP_BLOCK_SUSPEND (seit Linux 3.5)
              Funktionalitäten  einsetzen, die die System-Supsendierung blockieren können (epoll(7) EPOLLWAKEUP,
              /proc/sys/wake_lock).

       CAP_CHOWN
              beliebige Änderungen an Datei-UIDs und GIDs vornehmen (siehe chown(2))

       CAP_DAC_OVERRIDE
              Lese-, Schreibe und Ausführrechteprüfungen umgehen. (DAC  ist  die  Abkürzung  für  »discretionary
              access control«, benutzerbestimmbare Zugriffskontrolle)

       CAP_DAC_READ_SEARCH
              * Dateileserechteprüfungen und Verzeichnislese- und -ausführrechteprüfungen umgehen.
              * open_by_handle_at(2) aufrufen.
              * Verwenden  Sie  den  Schalter AT_EMPTY_PATH von linkat(2), um einen Link auf eine Datei, auf die
                sich ein Dateideskriptor bezieht, zu erstellen.

       CAP_FOWNER
              * Rechteprüfungen umgehen, die normalerweise verlangen, dass die Dateisystem-UID des Prozesses mit
                der UID der Datei übvereinstimmt (z.B. chmod(2), utime(2)), hierbei  sind  Aktionen,  die  durch
                CAP_DAC_OVERRIDE und CAP_DAC_READ_SEARCH abgedeckt sind, ausgeschlossen;
              * Inode-Schalter für beliebige Dateien setzen (siehe ioctl_iflags(2));
              * Zugriffskontrolllisten (»Access Control Lists«, ACLs) auf beliebige Dateien setzen;
              * »sticky«-Bit von Verzeichnissen beim Dateilöschen ignorieren;
              * O_NOATIME für beliebige Dateien in open(2) und fcntl(2) setzen

       CAP_FSETID
              * Set-User-ID- und Set-Group-ID-Modus-Bits nicht zurücksetzen, wenn eine Datei verändert wird;
              * das  Set-Group-ID-Bit  für eine Datei setzen, deren GID nicht auf das Dateisystem- oder eine der
                ergänzenden GIDs des aufrufenden Prozesses passt.

       CAP_IPC_LOCK
              Speicher sperren (mlock(2), mlockall(2), mmap(2), shmctl(2)).

       CAP_IPC_OWNER
              Rechteprüfungen für Aktionen mit System-V-IPC-Objekten umgehen

       CAP_KILL
              Rechteprüfungen  beim  Senden  von  Signalen  umgehen   (siehe   kill(2)).   Dies   schließt   die
              ioctl(2)-KDSIGACCEPT-Aktion mit ein.

       CAP_LEASE (seit Linux 2.4)
              Etabliert Ausleihen für beliebige Dateien (siehe fcntl(2)).

       CAP_LINUX_IMMUTABLE
              Setzt die Inode-Schalter FS_APPEND_FL und FS_IMMUTABLE_FL (siehe ioctl_iflags(2)).

       CAP_MAC_ADMIN (seit Linux 2.6.25)
              MAC-Konfiguration oder Statusänderungen erlauben. Implementiert für das Smack-Linux-Security-Modul
              (LSM).

       CAP_MAC_OVERRIDE (seit Linux 2.6.25)
              Mandatory Access Control (MAC) außer Kraft setzen. Für das Smack-LSM implementiert.

       CAP_MKNOD (seit Linux 2.4)
              Spezielle Dateien mittels mknod(2) erstellen.

       CAP_NET_ADMIN
              Verschiedene Netz-bezogene Aktionen durchführen:
              * Schnittstellenkonfiguration;
              * Administration von IP-Firewall, Masquerading und Abrechnung;
              * Routing-Tabellen verändern;
              * an beliebige Adresse für eine transparente Proxyfunktion binden;
              * type-of-service (TOS) setzen
              * Treiberstatistiken bereinigen;
              * den »promiscuous«-Modus einschalten;
              * Multicasting aktivieren;
              * setsockopt(2)  verwenden,  um  die  folgenden  Socket-Optionen  zu  setzen:  SO_DEBUG,  SO_MARK,
                SO_PRIORITY  (für  eine  Priorität  außerhalb  des  Bereichs  0  bis  6),   SO_RCVBUFFORCE   und
                SO_SNDBUFFORCE.

       CAP_NET_BIND_SERVICE
              Einen Socket an einen privilegierten Internet-Domain-Port binden (Portnummern kleiner als 1024)

       CAP_NET_BROADCAST
              (Unbenutzt) Socket-Broadcasts durchführen und auf Multicasts warten

       CAP_NET_RAW
              * RAW- und PACKET-Sockets verwenden;
              * an beliebige Adresse für eine transparente Proxyfunktion binden

       CAP_SETGID
              * Beliebige Manipulationen an den GIDs und der Liste der ergänzenden GIDs des Prozesses vornehmen;
              * GID fälschen, wenn Socket-Berechtigungsnachweise via UNIX-Domain-Sockets weitergebeben werden;
              * eine Gruppen-ID-Abbildung in einen Benutzernamensraum schreiben (siehe user_namespaces(7)).

       CAP_SETFCAP (seit Linux 2.6.24)
              Setzt beliebige Capabilities auf einer Datei.

       CAP_SETPCAP
              Falls  Datei-Capabilites  unterstützt  werden (d.h. seit Linux 2.6.24): Füge alle Capabilities aus
              der Begrenzungsmenge des Threads zu der vererbbaren Menge hinzu;  entferne  Capabilities  aus  der
              Begrenzungsmenge (via prctl(2) PR_CAPBSET_DROP); nehme Änderungen an den securebits-Schaltern vor.

              Falls  Datei-Capabilites  nicht unterstützt werden (d.h. Kernel vor Linux 2.6.24): eine Capability
              in der erlaubten Capability-Menge oder von anderen  Prozessen  entfernen  oder  dafür  bewilligen.
              (Diese Eigenschaft von CAP_SETPCAP ist nicht verfügbar, falls der Kernel für die Unterstützung von
              Datei-Capabilities konfiguriert ist, da CAP_SETPCAP für diese Kernel eine komplett andere Semantik
              aufweist.)

       CAP_SETUID
              * beliebige  Manipulationen  der  Prozess-UIDs  vornehmen  (setuid(2),  setreuid(2), setresuid(2),
                setfsuid(2));
              * UID fälschen, wenn Socket-Berechtigungsnachweise via UNIX-Domain-Sockets weitergebeben werden;
              * eine Benutzer-ID-Abbildung in einen Benutzernamensraum schreiben (siehe user_namespaces(7)).

       CAP_SYS_ADMIN
              Hinweis: Diese Capability ist überladen, siehe Hinweise für Kernel-Entwickler weiter unten.

              * eine  Reihe  von  Systemadministratoraktionen  ausführen,   darunter:   quotactl(2),   mount(2),
                umount(2), swapon(2), swapoff(2), sethostname(2) und setdomainname(2);
              * privilegierte  syslog(2)-Aktion  ausführen (seit Linux 2.6.37 sollte CAP_SYSLOG verwandt werden,
                um diese Aktion zu erlauben);
              * den VM86_REQUEST_IRQ-Befehl vm86(2) ausführen;
              * IPC_SET- und IPC_RMID-Aktion auf beliebigen System-V-IPC-Objekten ausführen;
              * RLIMIT_NPROC-Ressourcenbegrenzung außer Kraft setzen;
              * Aktionen an den Erweiterten Attributen (»Extended Attributes«) trusted und security  durchführen
                (siehe attr(7));
              * lookup_dcookie(2) verwenden;
              * ioprio_set(2)      verwenden,      um     IOPRIO_CLASS_RT     und     (vor     Linux     2.6.25)
                IOPRIO_CLASS_IDLE-E/A-Scheduling-Klassen zuzuweisen;
              * PID fälschen, wenn Socket-Berechtigungsnachweise via UNIX-Domain-Sockets weitergebeben werden;
              * die systemweite Grenze der Anzahl der offenen Dateien (/proc/sys/fs/file-max) in Systemaufrufen,
                die Dateien öffnen (z.B. accept(2), execve(2), open(2), pipe(2)) überschreiben;
              * Schalter CLONE_* einsetzen, der neue Namensräume mit  clone(2)  und  unshare(2)  erstellt  (seit
                Linux 3.8 benötigt die Erzeugung von Benutzernamensräumen allerdings keine Capability mehr);
              * perf_event_open(2) aufrufen;
              * auf privilegierte perf-Ereignisinformationen zugreifen;
              * setns(2) aufrufen (benötigt CAP_SYS_ADMIN im Namensraum target);
              * fanotify_init(2) aufrufen;
              * bpf(2) aufrufen;
              * privilegierte Aktionen KEYCTL_CHOWN und KEYCTL_SETPERM von keyctl(2) ausführen;
              * ptrace(2)  PTRACE_SECCOMP_GET_FILTER  verwenden, um die Seccomp-Filter aller verfolgten Prozesse
                auszugeben;
              * madvise(2)-MADV_HWPOISON-Aktion ausführen;
              * den TIOCSTI ioctl(2) verwenden, um Zeichen in die  Eingabewarteschlange  eines  Terminals,  dass
                nicht das vom aufrufenden gesteuerte Terminal ist, einzufügen
              * veralteten Systemaufruf nfsservctl(2) verwenden;
              * veralteten Systemaufruf bdflush(2) verwenden;
              * verschiedene privilegierte Blockgeräte-ioctl(2)-Aktion ausführen
              * verschiedene privilegierte Dateisystem-ioctl(2)-Aktionen ausführen
              * privilegierte ioctl(2)-Aktionen am Gerät /dev/random durchführen (siehe random(4));
              * einen  seccomp(2)-Filter  installieren,  ohne  zuerst das no_new_privs Thread-Attribut setzen zu
                müssen;
              * Erlauben-/Verweigern-Regeln für Gerätesteuergruppen setzen;
              * ptrace(2)  PTRACE_SECCOMP_GET_FILTER  Aktionen  einsetzen,  um  die  Seccomp-Filter   verfolgter
                Prozesse auszugeben;
              * die  Aktion  PTRACE_SETOPTIONS  von  ptrace(2)  einsetzen,  um den Seccomp-Schutz des verfolgten
                Prozesses vorübergehend außer Kraft zu setzen (d.h. der Schalter PTRACE_O_SUSPEND_SECCOMP).
              * administrative Aktionen auf vielen Gerätetreibern ausführen

       CAP_SYS_BOOT
              reboot(2) und kexec_load(2) verwenden

       CAP_SYS_CHROOT
              chroot(2) verwenden

       CAP_SYS_MODULE
              * Kernelmodule laden und entladen (siehe init_module(2) und delete_module(2));
              * in Kerneln vor 2.6.25: Capabilities aus der systemweiten Capability-Begrenzungsmenge entfernen

       CAP_SYS_NICE
              * den Nice-Wert von Prozessen erhöhen (nice(2), setpriority(2)) und den Nice-Wert  von  beliebigen
                Prozessen ändern;
              * Echtzeit-Scheduling-Richtlinien  zum  Prozessaufruf  und Scheduling-Richtlinien und -Prioritäten
                für beliebige Prozesse setzen (sched_setscheduler(2), sched_setparam(2), shed_setattr(2));
              * CPU-Affinität für beliebige Prozesse setzen (sched_setaffinity(2));
              * E/A-Scheduling-Klassen und -Prioritäten für beliebige Prozesse setzen (ioprio_set(2));
              * migrate_pages(2) auf beliebige Prozesse anwenden und Prozessen erlauben, auf beliebige Knoten zu
                migrieren;
              * move_pages(2) auf beliebige Prozesse anwenden;
              * den Schalter MPOL_MF_MOVE_ALL mit mbind(2) und move_pages(2) verwenden

       CAP_SYS_PACCT
              acct(2) verwenden

       CAP_SYS_PTRACE
              * Nachverfolgen beliebiger Prozesse mittels ptrace(2)
              * get_robust_list(2) auf beliebige Prozesse anwenden
              * Daten  vom   oder   zum   Speicher   beliebiger   Prozesse   mittels   process_vm_readv(2)   und
                process_vm_writev(2) übertragen;
              * Prozesse mittels kcmp(2) inspezieren

       CAP_SYS_RAWIO
              * E/A-Port-Aktionen ausführen (iopl(2) und ioperm(2));
              * auf /proc/kcore zugreifen;
              * die FIBMAP-Aktion ioctl(2) einsetzen;
              * Geräte für den Zugriff auf x86-modellspezifische Register (MSRs, siehe msr(4)) öffnen;
              * /proc/sys/vm/mmap_min_addr aktualisieren;
              * Speichereinblendungen  an  Adressen  unterhalb  des durch /proc/sys/vm/mmap_min_addr angegebenen
                Wertes erstellen;
              * Dateien in /proc/bus/pci einblenden;
              * /dev/mem und /dev/kmem öffnen;
              * verschiedene SCSI-Geräte-Befehle ausführen;
              * bestimmte Aktionen auf hpsa(4)- und cciss(4)-Geräten ausführen;
              * eine Reihe von Geräte-spezifischen Aktionen auf anderen Geräten ausführen

       CAP_SYS_RESOURCE
              * reservierten Platz auf Ext2-Dateisystemen verwenden;
              * ioctl(2)-Aufrufe ausführen, die das Journaling von Ext3 steuern;
              * Platten-Quota-Begrenzungen außer Kraft setzen;
              * Ressourcenbegrenzungen erhöhen (siehe setrlimit(2));
              * RLIMIT_NPROC-Ressourcenbegrenzung außer Kraft setzen;
              * maximale Anzahl von Konsolen bei der Konsolenzuteilung außer Kraft setzen;
              * maximale Anzahl an Tastaturdefinitionen außer Kraft setzen;
              * mehr als 64 Hz-Unterbrechungen von der Echtzeituhr erlauben;
              * die  msg_qbytes-Begrenzung  für  eine  System-V-Nachrichtenwarteschlange  über  die  Grenze   in
                /proc/sys/kernel/msgmnb anheben (siehe msgop(2) und msgctl(2));
              * erlauben,   die   Ressourcenbegrenzung   RLIMIT_NOFILE  bezüglich  der  Anzahl  der  »laufenden«
                Dateideskriptoren   zu   umgehen,   wenn   Dateideskriptoren   an   andere   Prozesse    mittels
                UNIX-Domain-Sockets übergeben werden (siehe unix(7));
              * die  /proc/sys/fs/pipe-size-max-Begrenzung  beim  Setzen  der  Kapazität  einer Pipe mittels des
                F_SETPIPE_SZ-Befehls fcntl(2) außer Kraft setzen
              * F_SETPIPE_SZ verwenden, um die Kapazität  einer  Pipe  über  die  in  /proc/sys/fs/pipe-max-size
                angegebene Grenze erhöhen;
              * die /proc/sys/fs/mqueue/queues_max-Begrenzung beim Erstellen von POSIX-Nachrichtenwarteschlangen
                (siehe mq_overview(7)) außer Kraft setzen;
              * die prctl(2)-Aktion PR_SET_MM einsetzen;
              * /proc/[PID]/oom_score_adj  auf  einen  Wert  niedriger  als  den zuletzt durch einen Prozess mit
                CAP_SYS_RESOURCE gesetzten Wert setzen

       CAP_SYS_TIME
              Systemuhr setzen (settimeofday(2), stime(2), adjtimex(2)); Echtzeit- (Hardware-)Uhr setzen

       CAP_SYS_TTY_CONFIG
              vhangup(2)  einsetzen;  verschiedene  privilegierte  ioctl(2)-Aktionen  auf  virtuelle   Terminals
              einsetzen

       CAP_SYSLOG (seit Linux 2.6.37)
              * Privilegierte  syslog(2)-Aktionen  ausführen. Siehe syslog(2) für Informationen, welche Aktionen
                Privilegien benötigen.
              * Über  /proc  bereitgestellte  Kernel-Adressen  und   andere   Schnittstellen   anschauen,   wenn
                /proc/sys/kernel/kptr_restrict  den  Wert 1 hat. (Lesen Sie die Diskussion über kptr_restrict in
                proc(5).)

       CAP_WAKE_ALARM (seit Linux 3.0)
              Etwas auslösen, dass das System aufwecken  wird  (siehe  die  Zeitgeber  CLOCK_REALTIME_ALARM  und
              CLOCK_BOOTTIME_ALARM)

   Frühere und heutige Implementierungen
       Eine komplette Implementierung von Capabilities verlangt folgendes:

       1. Für  alle privilegierten Aktionen muss der Kernel prüfen, ob der Thread die benötigten Capabilities in
          seiner effektiven Menge hat.

       2. Der Kernel muss Systemaufrufe bereitstellen, die es erlauben, dass die  Capability-Menge  des  Threads
          geändert und ermittelt wird.

       3. Das  Dateisystem  muss  das  Anhängen  von  Capabilities  an ausführbare Dateien erlauben, so dass ein
          Prozess solche Capabilities erhält, wenn die Datei ausgeführt wird.

       Vor Kernel 2.6.24 waren nur die ersten zwei dieser Anforderungen erfüllt, seit Kernel  2.6.24  sind  alle
       drei Anforderungen erfüllt.

   Hinweise für Kernel-Entwickler
       Wenn  Sie  eine  neue  Kernel-Funktionalität  hinzufügen,  die über eine Capability geregelt werden soll,
       beachten Sie die nachfolgenden Punkte.

       *  Das Ziel von Capabilitys besteht darin, die Macht des Systembenutzers in Teile zu zerlegen. Wird  dann
          ein  Programm,  das  eine  oder  mehrere  Capabilitys  hat,  kompromittiert, dann kann weniger Schaden
          angerichtet werden, als wenn das Programm mit Root-Rechten liefe.

       *  Sie haben die Wahl, entweder ein neues Capability für Ihre neue Funktionalität hinzuzufügen, oder  die
          Funktionalität  einer bereits bestehenden Capability zuzuordnen. Um die Menge der Capabilitys auf eine
          verwaltbare Größe zu begrenzen, wird die zweite Variante bevorzugt, außer es gibt überzeugende Gründe,
          die erste Variante zu wählen. (Es gibt auch eine technische Grenze: Die Größe der Capability-Menge ist
          derzeit auf 64 bit beschränkt.)

       *  Um zu bestimmen, zu welcher bestehenden Capability  Ihre  neue  Funktionalität  am  besten  zugeordnet
          werden  könnte,  prüfen Sie die obige Liste der Capabilitys, um ein »Silo« zu finden, in das Ihre neue
          Funktionalität  am  besten  passt.  Ein  Vorgehen  besteht  darin,  zu   bestimmen,   ob   es   andere
          Funktionalitäten  gibt,  die  Capabilitys benötigen, die immer zusammen mit Ihrer neuen Funktionalität
          benötigt werden. Falls Ihre neue Funktionalität ohne diese andere  Funktionalität  nutzlos  ist,  dann
          sollten Sie die gleiche Capability wie die andere Funktionalität verwenden.

       *  Verwenden  Sie  nicht  CAP_SYS_ADMIN,  falls Sie es irgendwie vermeiden können. Ein riesiger Anteil an
          bestehenden Capability-Überprüfungen ist dieser Capability  zugeordnet  (siehe  die  Teilliste  weiter
          oben).  Sie  kann  glaubhaft  als  »der  neue Root« bezeichnet werden, da sie eine große Bandbreite an
          Rechten verleiht, und andererseits bedeutet ihr großer Geltungsbereich, dass es eine  Capability  ist,
          die  von  vielen  privilegierten  Programmen  benötigt  wird. Verschlimmern Sie das Problem nicht. Die
          einzigen neuen Funktionalitäten, die CAP_SYS_ADMIN zugeordnet werden sollten, sind diejenigen, die eng
          zu bestehenden Anwendungsfällen in diesem Silo passen.

       *  Falls Sie ermittelt haben, dass Sie wirklich eine neue Capability für Ihre  Funktionalität  benötigen,
          führen  Sie  sie  nicht  als  »Einzelverwendung«-Capability  ein  (oder benennen Sie es so). Daher war
          beispielsweise die Ergänzung der hochspezifischen CAP_SYS_PACCT wahrscheinlich ein  Fehler.  Versuchen
          Sie stattdessen, Ihre neue Capability als ein breiteres Silo zu identifizieren und zu benennen, in das
          andere, damit im Zusammenhang stehende zukünftige Anwendungsfälle passen könnten.

   Capability-Mengen von Threads
       Jeder Thread hat drei Capability-Mengen, die null oder mehr der oben aufgeführten Capabilities enthalten:

       Permitted (erlaubt):
              Dies  ist die begrenzende Übermenge für die effektiven Capabilities, die ein Thread annehmen kann.
              Es ist auch die begrenzende Übermenge für die Capabilites, die  zu  der  vererbbaren  Menge  durch
              einen  Thread hinzugefügt werden dürfen, der nicht die Capability CAP_SETPCAP in seiner effektiven
              Menge hat.

              Falls ein Thread eine Capability aus seiner erlaubten Menge entfernt,  kann  es  diese  Capability
              niemals  wiedererlangen  (außer  es führt ein Set-User-ID-Root-Programm mit execve(2) aus oder ein
              Programm, dessen zugeordnete Datei-Capabilities diese Capability wieder bewilligen).

       Inheritable (vererbbar):
              Dies ist eine Menge von Capabilities, die  über  execve(2)  hinweg  erhalten  bleiben.  Vererbbare
              Capabilities  bleiben  bei  der  Ausführung jedes Programms vererbbar und vererbbare Capbabilities
              werden zu der erlaubten Menge bei der Ausführung eines Programms, das die entsprechenden  Bits  in
              der Datei-Vererbbaren-Menge gesetzt hat, hinzugefügt.

              Da  vererbbare Capabilities im allgemeinen nicht über execve(2)-Aufrufe erhalten werden, wenn dies
              nicht als Benutzer root erfolgt, sollten Anwendungen, die Hilfsprogramme mit erhöhten Capabilities
              ausführen wollen, die  Verwendung  der  unten  beschriebenen  Umgebungs-Capabilities  in  Betracht
              ziehen.

       Effective (effektiv):
              Dies  ist  die  Menge an Capabilities, der vom Kernel zur Durchführung von Rechteprüfungen für den
              Thread verwandt wird.

       Ambient (Umgebung) (seit Linux 4.3):
              Dies ist eine Menge von Capabilities, die über  execve(2)  eines  nicht  privilegierten  Programms
              hinweg erhalten bleiben. Die Umgebungs-Capability-Menge folgt der Invarianz, dass keine Capability
              jemals eine Umgebungs-Capability sein kann, falls sie nicht sowohl erlaubt als auch vererbbar ist.

              Die  Umgebungs-Capability-Menge  kann direkt mit prctl(2) verändert werden. Umgebungs-Capabilities
              werden automatisch abgesenkt, falls entweder die entsprechende erlaubte oder vererbbare Capability
              abgesenkt wird.

              Wird  ein  Programm  ausgeführt,  das  die  UID  oder   GID   aufgrund   von   set-user-ID-   oder
              set-group-ID-Bits  ändert  oder  das  über eine Menge an Datei-Capabilities verfügt, dann wird die
              Umgebungsmenge geleert. Umgebungs-Capabilities werden zu der erlaubten Menge hinzugefügt  und  der
              effektiven Menge zugewiesen, wenn execve(2) aufgerufen wird.

       Ein  mittels fork(2) erstelltes Kind erbt Kopien der Eltern-Capability-Menge. Lesen Sie weiter unten eine
       Diskussion der Behandlung von Capabilities während execve(2).

       Mittels capset(2) kann ein Thread seine eigenen Capability-Mengen bearbeiten (siehe unten).

       Seit Linux 3.2 legt die  Datei  /proc/sys/kernel/cap_last_cap  den  numerischen  Wert  der  höchsten  vom
       laufenden Kernel unterstützten Capability offen. Dies kann zur Bestimmung des höchsten Bits, das in einer
       Capability-Gruppe gesetzt werden kann, genutzt werden.

   Datei-Capabilities
       Seit Kernel 2.6.24 unterstützt der Kernel die Zuordnung von Capability-Mengen zu einer ausführbaren Datei
       mittels    setcap(8).    Die    Datei-Capability-Mengen   werden   in   erweiterten   Attributen   namens
       security.capability gespeichert (siehe setxattr(2) und xattr(7)).  Das  Schreiben  in  diese  erweiterten
       Attribute  benötigt  die  Capability  CAP_SETFCAP. Die Datei-Capability-Mengen bestimmen zusammen mit den
       Capability-Mengen des Threads die Capabilities nach einem execve(2).

       Die drei Datei-Capabilities-Mengen sind:

       Permitted (erlaubt, früher als forced (erzwungen) bekannt):
              Diese Capabilities werden dem Thread automatisch erlaubt, unabhängig von den geerbten Capabilities
              des Threads.

       Inheritable (vererbbar, früher als allowed (erlaubt) bekannt):
              Diese Menge wird mittels AND mit der vererbbaren Menge des Threads  verknüpft,  um  zu  bestimmen,
              welche  vererbbaren Capabilities in der erlaubten Menge des Threads nach einem execve(2) aktiviert
              werden.

       Effective (effektiv):
              Dies ist keine Menge, sondern eher ein einziges Bit. Falls dieses Bit  gesetzt  ist,  dann  werden
              während  eines  execve(2) die gesamten erlaubten Capabilties für den Thread in die effektive Menge
              hochgezogen. Falls dieses Bit nicht  gesetzt  ist,  dann  wird  nach  einem  execve(2)  keine  der
              erlaubten Capabilities in der neuen effektiven Menge sein.

              Aktivieren  des  effektiven  Datei-Capability-Bits  impliziert,  dass  jede erlaubte oder vererbte
              Datei-Capability, die dazu führt, dass ein Thread die entsprechende  erlaubte  Capability  während
              eines  execve(2)  erlangt  (siehe  die oben beschriebenen Transformationsregeln), auch dazu führt,
              dass er die Capability in seiner effektiven Menge erlangt.  Werden  daher  Capabilities  zu  einer
              Datei  zugeweisen  ((setcap(8),  cap_set_file(3), cap_set_fd(3)), falls der effektive Schalter für
              irgendeine Capability aktiviert ist, dann muss der effektive Schalter auch als aktiviert für  alle
              anderen  Capabilities,  für  die  die entsprechenden erlaubten oder vererbbaren Schalter aktiviert
              sind, spezifiziert werden.

   Umwandlungen von Capabilities während execve()
       Während eines execve(2) berechnet der Kernel die neuen Capabilities eines  Prozesses  mit  dem  folgenden
       Algorithmus:

           P'(ambient)     = (Datei ist privilegiert) ? 0 : P(ambient)

           P'(permitted)   = (P(inheritable) & F(inheritable)) |
                             (F(permitted) & cap_bset) | P'(ambient)

           P'(effective)   = F(effective) ? P'(permitted) : P'(ambient)

           P'(inheritable) = P(inheritable)    [d.h. unverändert]

       wobei:

           P         bezeichnet den Wert einer Capability-Menge des Threads vor dem execve(2)

           P'        bezeichnet den Wert einer Capability-Menge des Threads nach dem execve(2)

           F         bezeichnet eine Datei-Capability-Menge

           cap_bset  ist der Wert der Capability-Begrenzungsmenge (weiter unten beschrieben)

       Eine  privilegierte  Datei  verfügt  über  Capabilities  oder  hat das set-user-ID- oder set-group-ID-Bit
       gesetzt.

       Hinweis: Die oben beschriebenen Capability-Übergänge könnten aus den gleichen Gründen, aus denen auch die
       Bits set-user-ID and set-group-ID ignorieert werden, nicht durchgeführt werden  (d.h.  Datei-Capabilities
       könnten ignoriert werden); siehe execve(2).

       Hinweis:  Entsprechend  den  obigen  Regeln werden alle Capabilities, die in der erlaubten und effektiven
       Menge vorhanden sind, zurückgesetzt, falls ein Prozess mit einer von Null  verschiedenen  Benutzerkennung
       ein  execve(2)  durchführt. Für die Behandlung der Capabilities, wenn ein Prozess mit der Benutzerkennung
       Null ein execve(2) durchführt, siehe unten unter Capabilities und Ausführung von Programmen durch root.

   Sicherheitsprüfungen für Capability-unfähige Programme
       Ein Capability-unfähiges Programm ist eine Anwendung, die für Datei-Capabilities markiert ist, aber  noch
       nicht  für  die Verwendung des libcap(3)-APIs zur Bearbeitung seiner Capabilities konvertiert wurde. (Mit
       anderen Worten, dies ist  ein  traditionelles  »set-user-ID-root«-Programm,  das  auf  Datei-Capabilities
       umgestellt  wurde,  aber  dessen  Code  nicht angepasst wurde, um mit Capabilities umzugehen.) Für solche
       Anwendungen wird das effektive Capability-Bit auf die Datei gesetzt, so dass die  erlaubten  Capabilities
       automatisch beim Ausführen der Datei in der effektiven Menge aktiviert werden. Der Kernel erkennt für den
       hier   beschriebenen   Zweck   eine   Datei,   die   das   effektive   Capability-Bit  gesetzt  hat,  als
       Capability-unfähig.

       Beim Ausführen eines  Capability-unfähigen  Programms  prüft  der  Kernel  nach  den  oben  beschriebenen
       Umwandlungen,  ob  der  Prozess  alle  erlaubten Capabilities, die in der Datei-erlaubten Menge angegeben
       wurden, erlangt hat. (Ein typischer Grund, warum dies nicht  passieren  könnte,  liegt  darin,  dass  die
       Capability-Begrenzungsmenge  einige  der  Capabilities  in  der Datei-erlaubten Menge ausblenden könnte.)
       Falls der Prozess nicht die komplette Menge der Datei-erlaubten Capabilities erlangte, schlägt  execve(2)
       mit  dem Fehler EPERM fehl. Dies verhindert mögliche Sicherheitsrisiken, die daraus resultieren, dass ein
       Capability-unfähiges Programm mit weniger als den benötigten Privilegien ausgeführt wird.  Beachten  Sie,
       dass  definitionsgemäß  die  Anwendung  das  Problem  nicht  selbst  erkennen  könnte,  da  sie nicht das
       libcap(3)-API einsetzt.

   Capabilities und Ausführung von Programmen durch root
       Um während eines execve(2) ein allmächtigen root mit Capability-Mengen bereitzustellen:

       1. Falls ein Set-User-ID-Root-Programm ausgeführt wird oder die  reale  oder  effektive  Benutzer-ID  des
          Prozesses  0  (root)  ist  sind  die  vererbbaren  und  erlaubten  Dateimengen komplett auf nur Einsen
          definiert (d.h. alle Capabilities aktiviert).

       2. Falls ein Set-User-ID-Root-Programm ausgeführt wird oder die effektive Benutzer-ID des Prozesses 0 ist
          (root), dann ist das effektive Datei-Bit als Eins (aktiviert) definiert.

       Das Fazit  der  obigen  Regeln,  kombiniert  mit  den  oben  beschriebenen  Capability-Umwandlungen,  ist
       folgendes:

       *  Wenn  ein Prozess ein Set-User-ID-Root-Programm mit execve(2) ausführt oder wenn ein Prozess mit einer
          effektiven UID von 0 ein Programm mit execve ausführt, er alle Capabilities in  seinen  erlaubten  und
          effektiven Mengen erhält, außer denen, die durch die Capability-Begrenzungsmenge maskiert sind.

       *  Wenn  ein  Prozess  mit  einer  echten  UID  von 0 ein Programm mit execve(2) ausführt, erhält es alle
          Capabilities   in   seiner    erlaubten    Capability-Menge,    außer    denen,    die    durch    die
          Capability-Begrenzungsmenge maskiert sind.

       Die obigen Schritte ergeben eine Semantik, die identisch zu der von traditionellen UNIX-Systemen ist.

   Set-user-ID-root-Programme die Datei-Capabilities haben
       Wird  ein  Programm ausgeführt, das sowohl set-user-ID-Root ist als auch über Datei-Capabilities verfügt,
       führt dies dazu, dass der Prozess nur die durch das  Programm  eingeräumten  Capabilities  erlangt  (d.h.
       nicht  alle  Capabilities,  was passierte, wenn ein set-user-ID-Root-Programm ausgeführt würde, das keine
       zugeordneten Datei-Capabilities hat). Beachten Sie,  dass  einem  Programm  eine  leere  Capability-Menge
       zugeordnet  werden  kann  und  es  daher möglich ist, ein set-user-ID-root-Programm zu erstellen, das die
       effektive und die gespeicherte set-user-ID des Progresses, der das Programm ausführt, auf 0  setzt,  aber
       dem Prozess keine Capabilities gewährt.

   Capability-Begrenzungsmenge
       Die  Capability-Begrenzungsmenge ist ein Sicherheitsmechanismus, der zur Begrenzung der Capabilities, die
       während eines execve(2) erlangt werden können, dienen kann. Die Begrenzungsmenge wird  auf  die  folgende
       Art und Weise benutzt:

       * Während   eines   execve(2)   wird  die  Capability-Begrenzungsmenge  mittels  AND  mit  der  erlaubten
         Datei-Capability-Menge verknüpft und das Ergebnis dieser Aktion wird der erlaubten Capability-Menge des
         Threads zugewiesen.  Die  Capability-Begrenzungsmenge  stellt  daher  eine  Grenze  für  die  erlaubten
         Capabilities dar, die einer ausführbaren Datei erlaubt werden dürfen.

       * (Seit   Linux  2.6.25)  Die  Capability-Begrenzungsmenge  agiert  als  begrenzende  Übermenge  für  die
         Capabilities, die ein Thread zu  seiner  vererbbaren  Menge  mittels  capset(2)  hinzufügen  kann.  Das
         bedeutet,  dass  ein Thread eine Capability nicht zu seiner vererbbaren Menge hinzufügen kann, falls es
         nicht in der Begrenzungsmenge enthalten ist, selbst falls es in seinen erlaubten Capabilities vorhanden
         ist, wenn er eine Datei mit execve(2) ausführt, die diese Capability in seiner vererbbaren Menge hat.

       Beachten Sie, dass die  Begrenzungsmenge  die  erlaubten  Datei-Capabilities  maskiert,  aber  nicht  die
       vererbbaren Capabilities. Falls ein Thread eine Capability in seiner vererbbaren Menge betreut, die nicht
       in seiner Begrenzungsmenge ist, dann kann er weiterhin die Capability in seiner erlaubten Menge erlangen,
       indem er eine Datei ausführt, die diese Capability in seiner vererbbaren Menge enthält.

       Abhängig  von  der  Kernelversion  ist die Capability-Begrenzungsmenge entweder ein systemweites Attribut
       oder ein prozessweises Attribut.

       Capability-Begrenzungsmenge vor Linux 2.6.25

       In Kerneln vor 2.6.25 ist die Capability-Begrenzungsmenge ein systemweites Attribut, das alle Threads auf
       dem System betrifft. Auf die Begrenzungsmenge kann über die Datei /proc/sys/kernel/cap-bound  zugegriffen
       werden. (Zur Erhöhung der Konfusion wird dieser Bitmaskenparameter als vorzeichenbehaftete Dezimalzahl in
       /proc/sys/kernel/cap-bound ausgedrückt.)

       Nur  der  init-Prozess  darf Capabilities in der Capability-Begrenzungsmenge setzen; abgesehen davon kann
       der Superuser (oder genauer: ein Prozess mit der Capability CAP_SYS_MODULE) nur Capabilities  aus  dieser
       Menge entfernen.

       Auf  einem  Standardsystem  maskiert die Capability-Begrenzungsmenge immer die Capability CAP_SETPCAP. Um
       diese Einschränkung zu entfernen (gefährlich!), verändern Sie  die  Definition  von  CAP_INIT_EFF_SET  in
       include/linux/capability.h und bauen Ihren Kernel neu.

       Die systemweite Capability-Begrenzungsmengenfunktion wurde Linux in Version 2.2.11 hinzugefügt.

       Capability-Begrenzungsmenge seit Linux 2.6.25

       Seit Linux 2.6.25 ist die Capability-Begrenzungsmenge ein pro-Thread-Attribut. (Es gibt keine systemweite
       Capability-Begrenzungsmenge mehr.)

       Die  Begrenzungsmenge  wird  bei  fork(2)  von  dem Elternprozess des Threads vererbt und bleibt über ein
       execve(2) erhalten.

       Ein Thread kann mittels der Aktion prctl(2)  PR_CAPBSET_DROP  Capabilities  aus  seiner  Begrenzungsmenge
       entfernen,  vorausgesetzt  er  verfügt  über  die  Capability CAP_SETPCAP. Sobald eine Capability aus der
       Begrenzungsmenge entfernt wurde, kann sie nicht mehr zu der Menge wieder hinzugefügt werden.  Ein  Thread
       kann   mittels   der   Aktion  prctl(2)  PR_CAPBSET_READ  herausfinden,  ob  eine  Capability  in  seiner
       Begrenzungsmenge liegt.

       Entfernen von Capabilities aus der Begrenzungsmenge ist nur  möglich,  falls  Datei-Capabilities  in  den
       Kernel   kompiliert  wurden.  In  Kerneln  vor  Linux  2.6.33  waren  Datei-Capabilities  eine  optionale
       Funktionalität, die mittels der Option CONFIG_SECURITY_FILE_CAPABILITIES konfigurierbar war.  Seit  Linux
       2.6.33  ist  die  Konfigurationsoption  entfernt und Datei-Capabilities sind immer Teil des Kernels. Wenn
       Datei-Capabilities in den Kernel kompiliert sind, beginnt der init-Prozess (der Urahn aller Prozesse) mit
       einer kompletten Begrenzungsmenge. Falls Datei-Capabilities nicht in den  Kernel  kompiliert  sind,  dann
       beginnt  init  mit einer vollständigen Begrenzungsmenge ohne CAP_SETPCAP, da diese Capability eine andere
       Bedeutung hat, wenn es keine Datei-Capabilities gibt.

       Die Entfernung einer Capability aus der Begrenzungsmenge entfernt sie nicht aus der vererbbaren Menge des
       Threads. Allerdings verhindert es das Zurückfügen in die vererbbare Menge des Threads in der Zukunft.

   Effekt von Benutzer-ID-Änderungen auf Capabilities
       Um die traditionellen Semantiken für Übergänge zwischen 0 und von 0 verschiedenen IDs zu erhalten,  führt
       der  Kernel  folgende  Änderungen  an  den  Capability-Mengen  eines  Threads  bei  Änderung  der echten,
       effektiven, gespeicherten und Dateisystem-Benutzer-ID (unter Verwendung von setuid(2), setresuid(2)  oder
       ähnlich) durch:

       1. Falls  einer  der realen, effektiven oder gespeicherten Set-User-IDs vorher 0 war und als Ergebnis der
          UID-Änderung alle dieser IDs eine von 0 verschiedenen Wert haben, dann werden  alle  Capabilities  aus
          den erlaubten, effektiven und Umgebungs-Capability-Mengen gelöscht.

       2. Falls  die  effektive  Benutzer-ID von 0 auf einen von 0 verschiedenen Wert geändert wird, werden alle
          Capabilities aus der effektiven Menge gelöscht.

       3. Falls die effektive Benutzer-ID von einem von 0 verschiedenen Wert auf 0 geändert wird, dann wird  die
          erlaubte Menge in die effektive Menge kopiert.

       4. Falls die Dateisystem-Benutzer-ID von 0 auf einen anderen Wert geändert wird (siehe setfsuid(2)), dann
          werden  die  folgenden  Capabilities  aus  der effektiven Menge entfernt: CAP_CHOWN, CAP_DAC_OVERRIDE,
          CAP_DAC_READ_SEARCH, CAP_FOWNER, CAP_FSETID, CAP_LINUX_IMMUTABLE (seit Linux 2.6.30), CAP_MAC_OVERRIDE
          und CAP_MKNOD (seit Linux 2.6.30). Falls die Dateisystem-UID von einem von 0 verschiedenen Wert auf  0
          geändert  wird,  dann  werden alle dieser Capabilities, die in der erlaubten Menge aktiviert waren, in
          der effektiven Menge aktiviert.

       Falls ein Thread, der einen Wert 0 für mindestens eine seiner Benutzer-IDs hat, verhindern  möchte,  dass
       seine  erlaubte  Capability-Menge  bereinigt  wird,  wenn  er  alle  seine  Benutzer-IDs  auf einen von 0
       verschiedenen    Wert     setzt,     kann     er     dies     mittels     der     unten     beschriebenen
       SECBIT_KEEP_CAPS-Securebits-Schaltern erreichen.

   Programmatische Anpassung von Capability-Mengen
       Ein  Thread  kann seine Capability-Mengen mittels der Systemaufrufe capget(2) und capset(2) ermitteln und
       ändern. Allerdings werden für diesen Zweck die Verwendung von cap_get_proc(3) und cap_set_proc(3),  beide
       im  Paket  libcap  bereitgestellt,  empfohlen.  Die  folgenden  Regeln  bestimmen  die  Änderungen an den
       Capability-Mengen des Threads:

       1. Falls der Aufrufende nicht über die Capability CAP_SETPCAP verfügt,  dann  muss  die  neue  vererbbare
          Menge eine Teilmenge der Kombination der bestehenden vererbbaren und erlaubten Menge sein.

       2. (Seit  Linux  2.6.25)  Die  neue  vererbbare Menge muss eine Teilmenge der Kombination der bestehenden
          vererbbaren Menge und der Capability-Begrenzungsmenge sein.

       3. Die neue erlaubte Menge muss eine Teilmenge der bestehenden erlaubten Menge sein (d.h.  es  ist  nicht
          möglich, erlaubte Capabilities zu erlangen, die der Thread derzeit nicht hat).

       4. Die neue effektive Menge muss eine Teilmenge der neuen erlaubten Menge sein.

   Der Schalter securebits: eine reine Capability-Umgebung einrichten
       Beginnend mit Kernel 2.6.26 und mit einem Kernel, in dem Datei-Capabilities aktiviert sind, implementiert
       Linux eine Menge von pro-Thread-securebits-Schaltern, die zur Deaktivierung von spezieller Handhabung von
       Capabilities für UID 0 (root) verwandt werden können. Dies sind die folgenden Schalter:

       SECBIT_KEEP_CAPS
              Durch  Setzen  dieses  Schalters  darf  ein Thread, der mindestens eine 0 UID hat, Capabilities in
              seiner erlaubten und effektiven Menge behalten, wenn er alle UIDs auf  von  0  verschiedene  Werte
              umschaltet. Falls dieser Schalter nicht gesetzt ist, dann führt das Umschalten der UIDs dazu, dass
              er  alle  Capabilities  in  diesen  Mengen  verliert.  Dieser  Schalter  wird  bei execve(2) immer
              bereinigt.

              Die  Einstellung   des   Schalters   SECBIT_KEEP_CAPS   wird   ignoriert,   falls   der   Schalter
              SECBIT_NO_SETUID_FIXUP  gesetzt  ist.  (Letzterer  Schalter  stellt eine Übermenge des Effekts des
              ersteren Schalters bereit.)

              Dieser Schalter stellt die gleiche Funktionalität wie die ältere Aktion  prctl(2)  PR_SET_KEEPCAPS
              bereit.

       SECBIT_NO_SETUID_FIXUP
              Setzen   dieses   Schalters   hindert   den   Kernel   daran,   die   erlaubten,   effektiven  und
              Umgebungs-Capability-Mengen des Prozesses anzupassen, wenn die effektive und  die  Dateisystem-UID
              eines  Threads zwischen null und von null verschiedenen Werten umgeschaltet werden. (Lesen Sie den
              Abschnitt Effekt von Benutzer-ID-Änderungen auf Capabilities)

       SECBIT_NOROOT
              Falls  dieses  Bit  gesetzt  ist,  dann  verleiht  der  Kernel  keine   Capabilities,   wenn   ein
              Set-User-ID-Root-Programm  ausgeführt  wird oder wenn ein Prozess mit einer effektiven oder realen
              UID von 0 execve(2) aufruft. (Lesen Sie den Abschnitt Capabilities und Ausführung  von  Programmen
              durch root)

       SECBIT_NO_CAP_AMBIENT_RAISE
              Durch  Setzen  dieses  Schalters  dürfen  keine  Umgebungs-Capabilities  mit  der  prctl(2)-Aktion
              PR_CAP_AMBIENT_RAISE gehoben werden.

       Jeder der obigen  »basis«-Schalter  hat  einen  begleitenden  »gesperrten«  Schalter.  Das  Setzen  eines
       »gesperrten«  Schalters ist unumkehrbar und hat den Effekt, dass weitere Änderungen an dem entsprechenden
       Basisschalter  nicht  mehr  möglich  sind.  Die  gesperrten   Schalter   sind:   SECBIT_KEEP_CAPS_LOCKED,
       SECBIT_NO_SETUID_FIXUP_LOCKED, SECBIT_NOROOT_LOCKED und SECBIT_NO_CAP_AMBIENT_RAISE_LOCKED.

       Die Schalter securebits können mit den Aktionen prctl(2) PR_SET_SECUREBITS und PR_GET_SECUREBITS geändert
       und abgefragt werden. Die Capability CAP_SETPCAP wird für die Veränderung der Schalter benötigt.

       Die  Schalter  securebits  werden von Kindprozessen vererbt. Während eines execve(2) werden alle Schalter
       beibehalten, außer SECBIT_KEEP_CAPS, das immer bereinigt wird.

       Eine Anwendung kann den folgenden Aufruf verwenden, um sich selbst und alle  seine  Abkömmlinge  in  eine
       Umgebung  zu  sperren,  in  der  die  einzige  Möglichkeit,  Capabilities zu erlangen, darin besteht, ein
       Programm auzuführen, das über die zugeordneten Datei-Capabilities verfügt:

           prctl(PR_SET_SECUREBITS,
                /* SECBIT_KEEP_CAPS off */
                   SECBIT_KEEP_CAPS_LOCKED |
                   SECBIT_NO_SETUID_FIXUP |
                   SECBIT_NO_SETUID_FIXUP_LOCKED |
                   SECBIT_NOROOT |
                   SECBIT_NOROOT_LOCKED);
                   /* Setzen/Sperren von SECBIT_NO_CAP_AMBIENT_RAISE
                      ist nicht erforderlich */

   Interaktion mit Benutzer-Namensräumen
       Für  eine  Diskussion  der   Interaktion   von   Capabilities   und   Benutzer-Namensräumen   lesen   Sie
       user_namespaces(7).

KONFORM ZU

       Keine   Standards   regeln  Capabilities;  die  Linux-Capability-Implementierung  basiert  aber  auf  dem
       zurückgezogenen POSIX.1e-Entwurfsstandard; siehe http://wt.tuxomania.net/publications/posix.1e/

ANMERKUNGEN

       Von Kernel 2.5.27 bis Kernel 2.6.26 waren Capabilities eine  optionale  Kernelkomponente,  die  über  die
       Kernelkonfigurationsoption CONFIG_SECURITY_CAPABILITIES aktiviert/deaktiviert werden könnte.

       Die  Datei  /proc/[PID]/task/TID/status  kann zum Betrachten der Capability-Mengen eines Threads verwandt
       werden. Die Datei /proc/[PID]/status zeigt die Capability-Mengen des Haupt-Threads eines  Prozesses.  Vor
       Linux 3.8 wurden nicht existierende Capabilities in diesen Mengen als aktiviert (1) angezeigt. Seit Linux
       3.8 werden alle nicht existierenden Capabilities (über CAP_LAST_CAP) als deaktiviert (0) angezeigt.

       Das  Paket  libcap  stellt  eine  Suite von Routinen zum Setzen und Abfragen von Capabilities bereit, die
       komfortablere und änderungsstabilere Schnittstellen als die von capset(2)  und  capget(2)  bereitstellen.
       Dieses  Paket  stellt  auch  die Programme setcap(8) und getcap(8) zur Verfügung. Es kann unter folgender
       Adresse gefunden werden:
       http://www.kernel.org/pub/linux/libs/security/linux-privs

       Vor Kernel 2.6.24 und von Kernel 2.6.24 bis Kernel 2.6.32, falls Datei-Capabilities nicht aktiviert sind,
       kann ein Thread mit der  Capability  CAP_SETPCAP  die  Capabilities  von  anderen  Threads  manipulieren.
       Allerdings  ist  dies  nur  theoretisch  möglich,  da  kein  Thread  jemals über CAP_SETPCAP in einem der
       folgenden Fälle verfügt:

       * In   der    pre-2.6.25-Implementierung    maskiert    die    systemweite    Capability-Begrenzungsmenge
         /proc/sys/kernel/cap-bound  diese Capability immer und dies kann ohne Veränderung der Kernelquellen und
         dessen Neubau nicht geändert werden.

       * Falls Datei-Capabilities in der aktuellen Implementierung deaktiviert sind, dann startet  init  derart,
         dass   diese   Capability   aus  seiner  prozessweisen  Begrenzungsmenge  entfernt  ist  und  dass  die
         Begrenzungsmenge von allen anderen im System erstellten Prozessen vererbt wird.

SIEHE AUCH

       capsh(1),   setpriv(1),   prctl(2),   setfsuid(2),   cap_clear(3),   cap_copy_ext(3),   cap_from_text(3),
       cap_get_file(3),    cap_get_proc(3),    cap_init(3),    capgetp(3),   capsetp(3),   libcap(3),   proc(5),
       credentials(7), pthreads(7), user_namespaces(7), captest(8), filecap(8), getcap(8), netcap(8),  pscap(8),
       setcap(8)

       include/linux/capability.h in dem Linux-Kernelquellbaum

KOLOPHON

       Diese  Seite  ist  Teil  der  Veröffentlichung  4.15  des Projekts Linux-man-pages. Eine Beschreibung des
       Projekts, Informationen, wie Fehler gemeldet werden können sowie die aktuelle Version dieser Seite finden
       sich unter https://www.kernel.org/doc/man-pages/.

ÜBERSETZUNG

       Die  deutsche  Übersetzung  dieser  Handbuchseite  wurde  von   FIXME:   Einheitliche   Übersetzung   von
       Transformation,  Helge  Kreutzmann  <debian@helgefjell.de>  und  Dr.  Tobias Quathamer <toddy@debian.org>
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Linux                                            2. Februar 2018                                 CAPABILITIES(7)